Lust auf Schwulsein?
Ich weiß nicht, woran es liegt, dass an einem geistig so unfruchtbarem Orte, wie es Salzburg ist, seit Mitte Januar die Sonne scheint. In jedem Fall hängt sie am meist wolkenfreien Himmel und lässt die Tage so ganz und gar nicht winterlich erscheinen, dass Einem beinahe in den Sinn kommt, der Klimawandel mache sich spürbar, was natürlich Unsinn ist.
Nun entschied ich mich an einem jener Sonnentage, an denen ich mit Zweifeln aus dem Fenster blickend rasch weitere Pioniere entdeckte und mir dabei wohlwollend ein leises und optimistisches "Ja" über die Lippen ging, mit dem Rad zum Training zu fahren. Ich setzte also mein Vorhaben in die Tat um und radelte der Salzach entlang am bereits mittelmäßig frequentierten Musikum-Radlweg in Richtung Volksgarten. Mit Sonnenbrille, IPod und einem Coffee-To-Go wurde mir diese leichte körperliche Ertüchtigung zu einer so angenehmen Tätigkeit, dass ich heute sagen kann: Zweckmäßiges Radfahren (ich hasse es, einfach Rad zu fahren, um Rad zu fahren) - der Aufwand des Radfahrens muss bei mir sehr wohl einem Zweck dienen - ist mein neuestes Hobby.
Die Stadt Salzburg ist aber raffiniert, ja schlauer als ich, wäre sie doch nicht Salzburg, wenn sie mir nicht ein Bein stellte, wo sie nur könnte. So scheint heute zwar immer noch freundlich die Sonne, dafür aber peitscht ein dermaßen kalter und abscheulicher Wind durch die Gassen, dass es schier unmöglich ist, gegen ihn anzugehen, geschweige denn zu radeln.
Was also tut der Nicht-mehr-Autolenker in seiner Not, um von A nach B zu gelangen, ohne B mit Tränen des Schmerzes und Frostbeulen an jeder erdenklich freien Hautstelle zu erreichen? Richtig, er- und in diesem speziellen Fall eben Ich- nimmt den Bus. Ja, den Bus. Das heißt: 10 Minuten durch das Arschloch von Wind, dann noch 3 Minuten warten, weil der Bus Verspätung hat, was eigentlich zu erwarten war. Dann im Bus möglichst unauffällig sein, was nie gelingt wenn man's sich vornimmt, weil man sich zu geizig ist, 2 Euro zu bezahlen (obwohl der Preis eine absolute Frechheit, ja der reinste Hohn ist). Dafür dann ein schlechtes Gefühl, Unsicherheit und dauernd die Frage: hätte ich nicht doch ein Ticket kaufen sollen?
Nun, bedingt durch die Kälte, der Nervosität des Schwarzfahrens, sowie all den Gesichtern, die einem gierig überall hinstarren, wenn man nur erst wegsieht, weil ihre Neugierde Alles und Jeden betrifft, entstand in mir eine Gefühlskomposition, die von Unwohl bis hin zur Abscheu alles hätte sein können.
Belebt von diesem undefinierbaren Gefühl, und in der Hoffnung, es möglichst bald auf irgendetwas abzuwälzen, sehe ich es nun: in der Bushaltestelle gegenüber, 2 Stopps vor meiner Endstation, ein weiterer OBus, die komplette rechte Seite von einem riesen Werbeplakat belebt, auf dem da steht:"Lust auf Schwul sein? Lust auf Leben!" Dieser geistreiche Slogan also auf einem öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt Salzburg, und ganz hinten und kleingedruckt:"Kondome schützen. Österreichische Aidshilfe". Nun konnte ich natürlich zuerst gar nicht fassen, was ich da las- nicht, weil ich nicht aufgeklärt genug wäre, um zu wissen, das Schwulsein heutzutage entabuisiert ist (oder zumindest sein sollte), sondern weil ich es einfach unglaublich finde, dass ein Bus direkt beim Salzburger Justizgebäude mich einfach so fragt, ob ich denn Lust habe, schwul zu sein.
Ich meine, was soll das heißen, Lust haben schwul zu sein? Aufs Schwulsein hat man doch keine Lust, schwul ist man, oder eben nicht. Und wenn nun jemand schwul ist, so hat dieser Jemand vielleicht Lust darauf, Schwules zu tun, aber auf den Umstand, dass er schwul ist, kann er doch unmöglich Lust haben, denn er ist sowieso schwul; selbst wenn er keine Lust darauf hätte, was wären seine Alternativen? Ich habe ja auch keine Lust darauf, hetero zu sein. Ich habe Lust darauf, eine Frau zu vögeln. Und dasselbe ist es bei Schwulen, nur ist ihr Lustobjekt gleichgeschlechtlich. Und genau das wird meiner Meinung nach falsch impliziert: Lust auf Schwul sein soll eigentlich meinen: Lust, Einen in den Arsch zu ficken? Tut es aber nicht. Lust auf Schwul sein impliziert überhaupt nichts, weil der Satz keinen Sinn ergibt.
Noch schlimmer der zweite Satz:"Lust auf's Leben!" Was soll das wieder heißen, dass ich, wenn ich Lust darauf habe, schwul zu sein, das Leben bejahe, weil ich dann Lust auf's Leben genauso habe? Oder habe ich genau dann Lust auf's Leben, wenn ich schwul bin? Haben Schwule mehr Lust am Leben? Ich will es gar nicht bestreiten, es wäre ja möglich, aber eine Allgemeingültigkeit wird dieser Satz wohl kaum erreichen.
Nun habe ich mich im Bus sitzend gefragt, ob ich, der ich von mir behaupten kann, hetero zu sein, wohl Lust darauf hätte, schwul zu sein. Und ich bin zum Schluss gekommen, dass ich keine Lust darauf habe. Das heißt also, ich habe auch keine Lust auf das Leben.
Aber ich bin auch zu dem Schluss gekommen, dass das nicht weiter tragisch ist, keine Lust aufs Leben zu haben. Denn mit dem Leben ist es wie mit dem Schwulsein:
Es ist nicht so, als hätte man die Wahl.
Nun entschied ich mich an einem jener Sonnentage, an denen ich mit Zweifeln aus dem Fenster blickend rasch weitere Pioniere entdeckte und mir dabei wohlwollend ein leises und optimistisches "Ja" über die Lippen ging, mit dem Rad zum Training zu fahren. Ich setzte also mein Vorhaben in die Tat um und radelte der Salzach entlang am bereits mittelmäßig frequentierten Musikum-Radlweg in Richtung Volksgarten. Mit Sonnenbrille, IPod und einem Coffee-To-Go wurde mir diese leichte körperliche Ertüchtigung zu einer so angenehmen Tätigkeit, dass ich heute sagen kann: Zweckmäßiges Radfahren (ich hasse es, einfach Rad zu fahren, um Rad zu fahren) - der Aufwand des Radfahrens muss bei mir sehr wohl einem Zweck dienen - ist mein neuestes Hobby.
Die Stadt Salzburg ist aber raffiniert, ja schlauer als ich, wäre sie doch nicht Salzburg, wenn sie mir nicht ein Bein stellte, wo sie nur könnte. So scheint heute zwar immer noch freundlich die Sonne, dafür aber peitscht ein dermaßen kalter und abscheulicher Wind durch die Gassen, dass es schier unmöglich ist, gegen ihn anzugehen, geschweige denn zu radeln.
Was also tut der Nicht-mehr-Autolenker in seiner Not, um von A nach B zu gelangen, ohne B mit Tränen des Schmerzes und Frostbeulen an jeder erdenklich freien Hautstelle zu erreichen? Richtig, er- und in diesem speziellen Fall eben Ich- nimmt den Bus. Ja, den Bus. Das heißt: 10 Minuten durch das Arschloch von Wind, dann noch 3 Minuten warten, weil der Bus Verspätung hat, was eigentlich zu erwarten war. Dann im Bus möglichst unauffällig sein, was nie gelingt wenn man's sich vornimmt, weil man sich zu geizig ist, 2 Euro zu bezahlen (obwohl der Preis eine absolute Frechheit, ja der reinste Hohn ist). Dafür dann ein schlechtes Gefühl, Unsicherheit und dauernd die Frage: hätte ich nicht doch ein Ticket kaufen sollen?
Nun, bedingt durch die Kälte, der Nervosität des Schwarzfahrens, sowie all den Gesichtern, die einem gierig überall hinstarren, wenn man nur erst wegsieht, weil ihre Neugierde Alles und Jeden betrifft, entstand in mir eine Gefühlskomposition, die von Unwohl bis hin zur Abscheu alles hätte sein können.
Belebt von diesem undefinierbaren Gefühl, und in der Hoffnung, es möglichst bald auf irgendetwas abzuwälzen, sehe ich es nun: in der Bushaltestelle gegenüber, 2 Stopps vor meiner Endstation, ein weiterer OBus, die komplette rechte Seite von einem riesen Werbeplakat belebt, auf dem da steht:"Lust auf Schwul sein? Lust auf Leben!" Dieser geistreiche Slogan also auf einem öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt Salzburg, und ganz hinten und kleingedruckt:"Kondome schützen. Österreichische Aidshilfe". Nun konnte ich natürlich zuerst gar nicht fassen, was ich da las- nicht, weil ich nicht aufgeklärt genug wäre, um zu wissen, das Schwulsein heutzutage entabuisiert ist (oder zumindest sein sollte), sondern weil ich es einfach unglaublich finde, dass ein Bus direkt beim Salzburger Justizgebäude mich einfach so fragt, ob ich denn Lust habe, schwul zu sein.
Ich meine, was soll das heißen, Lust haben schwul zu sein? Aufs Schwulsein hat man doch keine Lust, schwul ist man, oder eben nicht. Und wenn nun jemand schwul ist, so hat dieser Jemand vielleicht Lust darauf, Schwules zu tun, aber auf den Umstand, dass er schwul ist, kann er doch unmöglich Lust haben, denn er ist sowieso schwul; selbst wenn er keine Lust darauf hätte, was wären seine Alternativen? Ich habe ja auch keine Lust darauf, hetero zu sein. Ich habe Lust darauf, eine Frau zu vögeln. Und dasselbe ist es bei Schwulen, nur ist ihr Lustobjekt gleichgeschlechtlich. Und genau das wird meiner Meinung nach falsch impliziert: Lust auf Schwul sein soll eigentlich meinen: Lust, Einen in den Arsch zu ficken? Tut es aber nicht. Lust auf Schwul sein impliziert überhaupt nichts, weil der Satz keinen Sinn ergibt.
Noch schlimmer der zweite Satz:"Lust auf's Leben!" Was soll das wieder heißen, dass ich, wenn ich Lust darauf habe, schwul zu sein, das Leben bejahe, weil ich dann Lust auf's Leben genauso habe? Oder habe ich genau dann Lust auf's Leben, wenn ich schwul bin? Haben Schwule mehr Lust am Leben? Ich will es gar nicht bestreiten, es wäre ja möglich, aber eine Allgemeingültigkeit wird dieser Satz wohl kaum erreichen.
Nun habe ich mich im Bus sitzend gefragt, ob ich, der ich von mir behaupten kann, hetero zu sein, wohl Lust darauf hätte, schwul zu sein. Und ich bin zum Schluss gekommen, dass ich keine Lust darauf habe. Das heißt also, ich habe auch keine Lust auf das Leben.
Aber ich bin auch zu dem Schluss gekommen, dass das nicht weiter tragisch ist, keine Lust aufs Leben zu haben. Denn mit dem Leben ist es wie mit dem Schwulsein:
Es ist nicht so, als hätte man die Wahl.
ledsgo - 11. Feb, 20:10