Philosophisches, Allzuphilosophisches: Ein politischer Rundgang.
Etwas aus der so genannten philosophischen Perspektive zu betrachten ist immer eine zweifelhafte Sache: was ist eine philosophische Perspektive, sollte sie nicht ohnehin objektiv – d.i. eben nicht perspektivisch sein, und überhaupt: warum muss man irgendetwas philosophisch betrachten, wenn doch bis heute keiner weiß, was die Philosophie eigentlich ist?
Nun, in einen Fakultäten- oder Definitionsstreit will man sich bekanntlich nicht versticken, schon gar nicht in einen philosophischen, deshalb soll hier die Alltagsbedeutung des Philosophiebegriffs ausreichen und damit ist, naturgemäß, nicht viel mehr gemeint, als ein wenig geistesgeschichtliche Bildung mit dem Hang, die Welt als Gesamtheit des Seienden zu interpretieren, ihr also sogenannte Weltbilder unterzujubeln und anderen Menschen zu erklären, warum das ihrige Weltbild falsch, das eigene Weltbild aber, ipso facto, das richtige ist. Kurz: es geht darum, die Welt auf eine möglichst schlaue Art und Weise auszulegen. Aber halt!
Machen gerade das nicht auch Menschen, die sich einer anderen Profession verschreien? Selbstverständlich. Ganz besonders tun sich in dieser Hinsicht immer wieder Politiker heraus, die meinen, sie wüssten, was die Nation, das Volk, die Rasse, die Welt oder gar das gesamte Universum nötig hätten. Unlängst beispielsweise wird vermehrt der Leistungsbegriff stark gemacht. So postulieren manche, dass es heutzutage nötig sei, endlich wieder Leistung zu bringen. Dem liegt freilich mehr zugrunde als eine bloße Binsenweisheit: Leute, die eine solche Überzeugung äußern glauben – zumindest normalerweise – selbstverständlich, was sie sagen. Üblicherweise ist ihre Weltinterpretation sehr schwarzmalerisch, weshalb sie politisch nicht nur als schwarz bezeichnet werden, sondern faktisch auch noch aus dem bäuerlich-konservativen Lager stammen, das vor allem im deutschsprachigen Raum für seinen Optimismus nun wirklich nicht bekannt ist. Kein Wunder also, dass solche Leute auf Leistung pochen, droht doch der sonstige Totalkollaps den wir uns, soviel muss nun selbst der Blindeste unter den Sehenden – der Christdemokrat, der sich irgendwie auch zu den Schwarzen verirrt hat – zugestehen, einfach nicht leisten können.
Aber hier liegt freilich Interpretation zugrunde und wer am Fundament rüttelt, bringt meist mehr als dieses zum Wanken. Wer sagt denn bitte, dass die Welt – mit Kant gesprochen (der im Übrigen wohl heute auch ein Schwarzer wäre) – tatsächlich im Argen liegt? Nun gut: Schuldenkrise, die politische Krise im mittleren Osten, die Hungerkrise in Ostafrika – all das spricht freilich dafür, aber wusste nicht schon der alte Kant selbst, dass die Welt schon im Argen lag, bevor wir uns darüber Gedanken machten? Ist der Umstand, dass die Welt eine krisenhafte ist, nicht eines der geistesgeschichtlichen Fakten per se? Pessimismus jedenfalls ist kein Phänomen der Moderne und auch kein Phänomen westlicher Tradition – lediglich die Auflehnung gegen denselben ist westlich. Eine solche Form der Auflehnung ist eben die Leistung. Wem es nicht gut geht, der leistet etwas in der Hoffnung, dass die Zukunft besser wird. Diese Überlegung liegt – im Gegensatz zu östlichen Denktraditionen – beinahe jeder westlichen Geisteshaltung zugrunde: das Christentum vertröstet mit dem Jenseits, der Kommunismus mit der klassenlosen Gesellschaft, die Aufklärung mit der Freiheit des Individuums. Für diese vertagte Befreiung muss der westliche Mensch in jeder Hinsicht irgendetwas leisten, wohingegen sein östlicher Leidesgenosse genau dieses Prinzip – eben dass er irgendetwas muss, soll oder will – verneint. Freilich finden solche Gedanken auch bei uns im Westen eingang, aber meistens bei so genannten akademischen Aussenseitern. Schopenhauer war einer davon, Spinozza ein anderer. Aber wir interpretieren hier zu viel, zurück zum zoon politikon.
Bekanntermaßen gibt es hierzulande nicht nur Schwarzmaler. Es gibt auch ausgesprochene Optimisten. Sie glauben meistens, dass der böse Markt es ist, der den Menschen böse macht: man sehe und staune also, auch sie haben, entgegen jeder Erwartung, ein argumentatorisches Fundament – auch wenn fraglich ist, ob es auch tatsächlich imstande ist, etwas zu tragen. Nun gut, wir wollen hier nicht werten, sondern entwerten. In jedem Fall sind solche, die meinen, dass der Mensch ein prinzipiell gutes Wesen sei, das nur aufgrund seiner Lebensumstände dazu gedrängt wird, böse zu sein, meistens Leute, die sich selbst als alternativ bezeichnen und Gedankenströmungen zuneigen, die im „Off-the-beaten-track“ Denken mainstream sind; sie gehen eigenartige Denkwege, aber inhaltlich bleiben sie freilich auch einem Konsens verpflichtet. Sie glauben meistens, die Wahrheit über unsere Gesellschaftszusammenhänge herausgefunden zu haben und darüber hinaus, dass alle anderen eben diese Wahrheit nicht erkennen können, was sie in ihren eigenen Köpfen intellektuell überlegen macht. Dabei wollen sie intelektuell aber nur wirken, sie wollen es nicht tatsächlich sein, weil das wiederum gesellschaftlich akzeptiert und damit nicht alternativ wäre. Sie sind gerade deshalb - eben weil sie glauben, es gäbe etwas, dass tatsächlich anders, also alternativ, sei - nicht selten grün hinter den Ohren und versuchen, die Welt nicht bloß zu interpretieren, sondern sie auch zur verändern: sie werden aus ideologischen Gründen arbeitslos oder weigern sich, sich zu waschen. Sie unterlaufen aus ideologischen Gründen den Konsens einer liberalen Gesellschaft und verachten die so genannten Konformisten ohne zu sehen, dass es erst diese Liberalität ist, die ihnen ihr verhalten überhaupt zubilligt. Aber auch das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls liegt auch hier Interpretation dem Verhalten zugrunde, auch wenn sie hier nicht zu einem praktischen Mehr an Leistung, sondern umgekehrt zur praktisch philosophischen Überzeugung führt, dass die Leistung selbst der Schundhund unseres gehetzten Menschsseins darstelle und insofern endgültig abgeschafft werden müsse.
Es gibt auch eine Zwischenstufe im politischen Österreich. Sie ist zwar nicht primär auf Leistung aus, allerdings darf sie sich realitätsnäher als die äußere Linke titulieren, ist sie doch schon seit Jahrzehnten ein Teil der politischen Landesführung und ergo nicht mehr ganz so grün hinter den Ohren. Aber auch hier herrschen Prinzipien, nämlich sozialdemokratische Prinzipien, vor. Diese herrschen selbst dann, wenn im Innenverhältnis nur eine Gegenleistung interessant erscheint, weil im Außenverhältnis ohnehin keine erkennbare Leistung erbracht wurde. Sehr sozial ist so eine Leistung, die letztendlich eine Schenkung an das eigene Selbst darstellt, nämlich nicht: die Schamesröte, die dann einem so genannten Kanzler im Gesicht steht, wenn er plötzlich des Betruges bezichtigt wird, deckt sich vortrefflich mit Krawatte und Parteifarbe, eine Ironie, die sich selbst das allzu schweigsam Schicksal nicht nehmen lässt. Abgesehen von einer gewissen Selbstzufriedenheit ist über die sogenannten Roten eigentlich nicht viel zu sagen, weil ihr politisches Programm der letzten Jahre eigentlich die Unauffälligkeit war, ein Programm, das angesichts der skandalösen politischen Umstände im Land eigentlich kein schlechtes ist.
Besseres liefert da nur noch ein gewisser Zahntechniker, dessen blitzblanke Zähne jenes Saubermann-Image liefern, von dem andere nur träumen können. Nur gut, dass er kein Doktor ist, der HC, sonst wäre er noch einer der ehrbaren Sache, der honoris causa eben, und das wäre dann zwar schicksalsironisch, aber zugleich mehr als zynisch. Wie dem auch sei, der HC funktioniert. Auch er legt einen argumentatorischen Grundstein, von dem aus er interpretiert, und er hat sich dabei auf einen echten Klassiker demagogischer Überredungskunst verlassen: den Sündenbock. Vor dem Sündenbockargument haben sich schon die griechischen Sophisten gefürchtet und deshalb den Grundsatz aufgestellt, dass ein wahrer Redner nicht nur eine pathetische Wirkung (Pathos) auf das Publikum, sondern darüber hinaus auch eine innere Einstellung – den Ethos – erreichen solle, die vor unehrenhaftem Verhalten schützt. Dieser Ethos ist uns heute leider nur im Ethikbegriff, nicht aber in der modernen Rhetorik, erhalten blieben, weshalb heute eine jeder palavert, wie ihm der Mund gewachsen ist - Beim Strache eben groß und weiß strahlend. Er ist zwar furchtbar blauäugig – nicht nur intelektuell, sondern auch faktisch – , aber leider teilt er diese Eigenschaft mit vielen seiner Wähler. Wenn er zum Beispiel feststellt, dass die islamische Gefahr unsere Leitkultur unterwandere, glauben ihm das die Leute und sogar Politiker anderer Parteien, sodass sich die islamische Gefahr plötzlich verselbstständigt und zu einem politischen Fakt wird. Das Argument jedenfalls, das behauptet, dass der Islam die westliche Leitkultur in Österreich – eine Leitkultur übrigens, deren Essenz nicht wirklich klar ist – unterwandere, ist ein in jeder Hinsicht schwach. Überhaupt ist diese Leitkultur nämlich verfassungsrechtlich vom Liberalismus getragen, der die unveräußerbaren Rechte des Eigentums, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der Freiheit grundsätzlich normiert. Darüber hinaus ist diese Leitkultur vom Humanismus – also jener Strömung, die als Grundlage der Menschenrechte und damit auch dem Recht auf freie Religionsausübung – geprägt, weshalb eine Unterwanderung der Leitkultur letztendlich nicht durch den Islam, sondern im Gegenteil durch ein Verbot islamischer Religionsausübung zustande käme. Insofern sind es die Blauäugigen selbst, die hier die eigene Tradition verraten, wenn schon zu solch pathetischen Mitteln gegriffen werden muss. Wenn man schon stolz auf eine Leitkultur sein möchte, dann doch auf die richtige: maßgebend ist hier und heute schlicht und einfach ein liberaler Humanismus und ein Religionsverbot wäre meinetwegen alles, aber humanistisch oder liberal wäre es bestimmt nicht.
Freilich: die hier angestellten Überlegungen sind abstrakter und theoretischer Natur. Auch sie haben ein Fundament – eben eine philosophische Perspektive. Ob sich, de facto, die Weltwirtschaft durch vermehrte Leistungen stabilisieren wird, ob wir einem falschen System nachrennen oder ob wir letzten Endes realpolitisch ein so genanntes Ausländerproblem haben, soll damit gar nicht beantwortet oder berührt werden.
Aber Politik ist eben doch mehr Philosophie, als den Meisten lieb ist. Nur gut, dass heute weder Politik, noch Philosophie etwas zu sagen haben. Bei Fragen also wenden Sie sich, liebe Leser, an Wirtschaft und Wissenschaft! Als Philosoph jedenfalls dient man heute der Unterhaltung, ein Kasperl mit Rauschebart eben, ähnlich dem Weihnachtsmann, nur ohne Geschenke.
Nun, in einen Fakultäten- oder Definitionsstreit will man sich bekanntlich nicht versticken, schon gar nicht in einen philosophischen, deshalb soll hier die Alltagsbedeutung des Philosophiebegriffs ausreichen und damit ist, naturgemäß, nicht viel mehr gemeint, als ein wenig geistesgeschichtliche Bildung mit dem Hang, die Welt als Gesamtheit des Seienden zu interpretieren, ihr also sogenannte Weltbilder unterzujubeln und anderen Menschen zu erklären, warum das ihrige Weltbild falsch, das eigene Weltbild aber, ipso facto, das richtige ist. Kurz: es geht darum, die Welt auf eine möglichst schlaue Art und Weise auszulegen. Aber halt!
Machen gerade das nicht auch Menschen, die sich einer anderen Profession verschreien? Selbstverständlich. Ganz besonders tun sich in dieser Hinsicht immer wieder Politiker heraus, die meinen, sie wüssten, was die Nation, das Volk, die Rasse, die Welt oder gar das gesamte Universum nötig hätten. Unlängst beispielsweise wird vermehrt der Leistungsbegriff stark gemacht. So postulieren manche, dass es heutzutage nötig sei, endlich wieder Leistung zu bringen. Dem liegt freilich mehr zugrunde als eine bloße Binsenweisheit: Leute, die eine solche Überzeugung äußern glauben – zumindest normalerweise – selbstverständlich, was sie sagen. Üblicherweise ist ihre Weltinterpretation sehr schwarzmalerisch, weshalb sie politisch nicht nur als schwarz bezeichnet werden, sondern faktisch auch noch aus dem bäuerlich-konservativen Lager stammen, das vor allem im deutschsprachigen Raum für seinen Optimismus nun wirklich nicht bekannt ist. Kein Wunder also, dass solche Leute auf Leistung pochen, droht doch der sonstige Totalkollaps den wir uns, soviel muss nun selbst der Blindeste unter den Sehenden – der Christdemokrat, der sich irgendwie auch zu den Schwarzen verirrt hat – zugestehen, einfach nicht leisten können.
Aber hier liegt freilich Interpretation zugrunde und wer am Fundament rüttelt, bringt meist mehr als dieses zum Wanken. Wer sagt denn bitte, dass die Welt – mit Kant gesprochen (der im Übrigen wohl heute auch ein Schwarzer wäre) – tatsächlich im Argen liegt? Nun gut: Schuldenkrise, die politische Krise im mittleren Osten, die Hungerkrise in Ostafrika – all das spricht freilich dafür, aber wusste nicht schon der alte Kant selbst, dass die Welt schon im Argen lag, bevor wir uns darüber Gedanken machten? Ist der Umstand, dass die Welt eine krisenhafte ist, nicht eines der geistesgeschichtlichen Fakten per se? Pessimismus jedenfalls ist kein Phänomen der Moderne und auch kein Phänomen westlicher Tradition – lediglich die Auflehnung gegen denselben ist westlich. Eine solche Form der Auflehnung ist eben die Leistung. Wem es nicht gut geht, der leistet etwas in der Hoffnung, dass die Zukunft besser wird. Diese Überlegung liegt – im Gegensatz zu östlichen Denktraditionen – beinahe jeder westlichen Geisteshaltung zugrunde: das Christentum vertröstet mit dem Jenseits, der Kommunismus mit der klassenlosen Gesellschaft, die Aufklärung mit der Freiheit des Individuums. Für diese vertagte Befreiung muss der westliche Mensch in jeder Hinsicht irgendetwas leisten, wohingegen sein östlicher Leidesgenosse genau dieses Prinzip – eben dass er irgendetwas muss, soll oder will – verneint. Freilich finden solche Gedanken auch bei uns im Westen eingang, aber meistens bei so genannten akademischen Aussenseitern. Schopenhauer war einer davon, Spinozza ein anderer. Aber wir interpretieren hier zu viel, zurück zum zoon politikon.
Bekanntermaßen gibt es hierzulande nicht nur Schwarzmaler. Es gibt auch ausgesprochene Optimisten. Sie glauben meistens, dass der böse Markt es ist, der den Menschen böse macht: man sehe und staune also, auch sie haben, entgegen jeder Erwartung, ein argumentatorisches Fundament – auch wenn fraglich ist, ob es auch tatsächlich imstande ist, etwas zu tragen. Nun gut, wir wollen hier nicht werten, sondern entwerten. In jedem Fall sind solche, die meinen, dass der Mensch ein prinzipiell gutes Wesen sei, das nur aufgrund seiner Lebensumstände dazu gedrängt wird, böse zu sein, meistens Leute, die sich selbst als alternativ bezeichnen und Gedankenströmungen zuneigen, die im „Off-the-beaten-track“ Denken mainstream sind; sie gehen eigenartige Denkwege, aber inhaltlich bleiben sie freilich auch einem Konsens verpflichtet. Sie glauben meistens, die Wahrheit über unsere Gesellschaftszusammenhänge herausgefunden zu haben und darüber hinaus, dass alle anderen eben diese Wahrheit nicht erkennen können, was sie in ihren eigenen Köpfen intellektuell überlegen macht. Dabei wollen sie intelektuell aber nur wirken, sie wollen es nicht tatsächlich sein, weil das wiederum gesellschaftlich akzeptiert und damit nicht alternativ wäre. Sie sind gerade deshalb - eben weil sie glauben, es gäbe etwas, dass tatsächlich anders, also alternativ, sei - nicht selten grün hinter den Ohren und versuchen, die Welt nicht bloß zu interpretieren, sondern sie auch zur verändern: sie werden aus ideologischen Gründen arbeitslos oder weigern sich, sich zu waschen. Sie unterlaufen aus ideologischen Gründen den Konsens einer liberalen Gesellschaft und verachten die so genannten Konformisten ohne zu sehen, dass es erst diese Liberalität ist, die ihnen ihr verhalten überhaupt zubilligt. Aber auch das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls liegt auch hier Interpretation dem Verhalten zugrunde, auch wenn sie hier nicht zu einem praktischen Mehr an Leistung, sondern umgekehrt zur praktisch philosophischen Überzeugung führt, dass die Leistung selbst der Schundhund unseres gehetzten Menschsseins darstelle und insofern endgültig abgeschafft werden müsse.
Es gibt auch eine Zwischenstufe im politischen Österreich. Sie ist zwar nicht primär auf Leistung aus, allerdings darf sie sich realitätsnäher als die äußere Linke titulieren, ist sie doch schon seit Jahrzehnten ein Teil der politischen Landesführung und ergo nicht mehr ganz so grün hinter den Ohren. Aber auch hier herrschen Prinzipien, nämlich sozialdemokratische Prinzipien, vor. Diese herrschen selbst dann, wenn im Innenverhältnis nur eine Gegenleistung interessant erscheint, weil im Außenverhältnis ohnehin keine erkennbare Leistung erbracht wurde. Sehr sozial ist so eine Leistung, die letztendlich eine Schenkung an das eigene Selbst darstellt, nämlich nicht: die Schamesröte, die dann einem so genannten Kanzler im Gesicht steht, wenn er plötzlich des Betruges bezichtigt wird, deckt sich vortrefflich mit Krawatte und Parteifarbe, eine Ironie, die sich selbst das allzu schweigsam Schicksal nicht nehmen lässt. Abgesehen von einer gewissen Selbstzufriedenheit ist über die sogenannten Roten eigentlich nicht viel zu sagen, weil ihr politisches Programm der letzten Jahre eigentlich die Unauffälligkeit war, ein Programm, das angesichts der skandalösen politischen Umstände im Land eigentlich kein schlechtes ist.
Besseres liefert da nur noch ein gewisser Zahntechniker, dessen blitzblanke Zähne jenes Saubermann-Image liefern, von dem andere nur träumen können. Nur gut, dass er kein Doktor ist, der HC, sonst wäre er noch einer der ehrbaren Sache, der honoris causa eben, und das wäre dann zwar schicksalsironisch, aber zugleich mehr als zynisch. Wie dem auch sei, der HC funktioniert. Auch er legt einen argumentatorischen Grundstein, von dem aus er interpretiert, und er hat sich dabei auf einen echten Klassiker demagogischer Überredungskunst verlassen: den Sündenbock. Vor dem Sündenbockargument haben sich schon die griechischen Sophisten gefürchtet und deshalb den Grundsatz aufgestellt, dass ein wahrer Redner nicht nur eine pathetische Wirkung (Pathos) auf das Publikum, sondern darüber hinaus auch eine innere Einstellung – den Ethos – erreichen solle, die vor unehrenhaftem Verhalten schützt. Dieser Ethos ist uns heute leider nur im Ethikbegriff, nicht aber in der modernen Rhetorik, erhalten blieben, weshalb heute eine jeder palavert, wie ihm der Mund gewachsen ist - Beim Strache eben groß und weiß strahlend. Er ist zwar furchtbar blauäugig – nicht nur intelektuell, sondern auch faktisch – , aber leider teilt er diese Eigenschaft mit vielen seiner Wähler. Wenn er zum Beispiel feststellt, dass die islamische Gefahr unsere Leitkultur unterwandere, glauben ihm das die Leute und sogar Politiker anderer Parteien, sodass sich die islamische Gefahr plötzlich verselbstständigt und zu einem politischen Fakt wird. Das Argument jedenfalls, das behauptet, dass der Islam die westliche Leitkultur in Österreich – eine Leitkultur übrigens, deren Essenz nicht wirklich klar ist – unterwandere, ist ein in jeder Hinsicht schwach. Überhaupt ist diese Leitkultur nämlich verfassungsrechtlich vom Liberalismus getragen, der die unveräußerbaren Rechte des Eigentums, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der Freiheit grundsätzlich normiert. Darüber hinaus ist diese Leitkultur vom Humanismus – also jener Strömung, die als Grundlage der Menschenrechte und damit auch dem Recht auf freie Religionsausübung – geprägt, weshalb eine Unterwanderung der Leitkultur letztendlich nicht durch den Islam, sondern im Gegenteil durch ein Verbot islamischer Religionsausübung zustande käme. Insofern sind es die Blauäugigen selbst, die hier die eigene Tradition verraten, wenn schon zu solch pathetischen Mitteln gegriffen werden muss. Wenn man schon stolz auf eine Leitkultur sein möchte, dann doch auf die richtige: maßgebend ist hier und heute schlicht und einfach ein liberaler Humanismus und ein Religionsverbot wäre meinetwegen alles, aber humanistisch oder liberal wäre es bestimmt nicht.
Freilich: die hier angestellten Überlegungen sind abstrakter und theoretischer Natur. Auch sie haben ein Fundament – eben eine philosophische Perspektive. Ob sich, de facto, die Weltwirtschaft durch vermehrte Leistungen stabilisieren wird, ob wir einem falschen System nachrennen oder ob wir letzten Endes realpolitisch ein so genanntes Ausländerproblem haben, soll damit gar nicht beantwortet oder berührt werden.
Aber Politik ist eben doch mehr Philosophie, als den Meisten lieb ist. Nur gut, dass heute weder Politik, noch Philosophie etwas zu sagen haben. Bei Fragen also wenden Sie sich, liebe Leser, an Wirtschaft und Wissenschaft! Als Philosoph jedenfalls dient man heute der Unterhaltung, ein Kasperl mit Rauschebart eben, ähnlich dem Weihnachtsmann, nur ohne Geschenke.
ledsgo - 16. Sep, 22:40
"bisschen Krieg"
Kurt Tucholski („Die Weltbühne“, 1930)
Zur Erinnerung: Das „bisschen Krieg“ nach 1930 war der 2. Weltkrieg, der erforderlich war, um soviel Sachkapital zu zerstören, dass der globale Zinsfuß wieder auf eine für den Kapitalismus lukrative Höhe angehoben und nach dem Krieg wieder neues Zinsgeld in neue Sachkapitalien investiert werden konnte. Dieses sinnlose Spiel von Zerstörung und Wiederaufbau betreibt die halbwegs zivilisierte Menschheit schon solange, wie sie Zinsgeld (anfangs Edelmetallgeld) benutzt und es ein privates Bodeneigentumsrecht gibt:
http://www.swupload.com//data/Krieg_SG.pdf
Der 3. Weltkrieg wäre in den 1980er Jahren fällig gewesen und wurde nur durch die atomare Abschreckung bis in die Gegenwart verhindert. Durch das Ausbleiben dieser „überfälligen Sachkapitalzerstörung“ hat die Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz (die in Genesis 3,1-24 beschriebene Erbsünde) – sowohl innerhalb der Nationalstaaten als auch zwischen den Staaten – heute ein Ausmaß erreicht, das einen Atomkrieg gar nicht mehr erforderlich macht, um unsere gesamte „moderne Zivilisation“ – von einem Tag auf den anderen – auszulöschen:
http://www.deweles.de/files/armageddon.pdf
Wie lange wird das noch dauern? Urteilen Sie selbst:
http://opium-des-volkes.blogspot.com/2011/08/die-7-plagen.html
Wäre nicht allein die gesetzlich verbindliche Ankündigung einer freiwirtschaftlichen Geld- und Bodenreform bereits ausreichend, um den Geldkreislauf sofort zu stabilisieren und die Krise zu beenden, hätten über 90 Prozent aller heute lebenden Menschen – insbesondere in den Industrienationen – schon jetzt keine Überlebenschance mehr!
http://www.swupload.com//data/Bundesregierung_110912.pdf