Der Dichter des eigenen Lebens sein.

Wenn die Taten fehlen, muss man die Worte bemühen. Wer nichts macht, der wird etwas erzählen, der wird fingieren.
Aber wir brauchen ja auch die, die nichts tun, die gerne erzählen, tage- und nächtelang, am Tresen, Pult, Telefon oder sonstwo brauchen wir die, die nicht alle Hände, sondern den Mund voll haben, die nichts aufbauen, sondern etwas aufblasen, aus sich selbst heraus, die nicht abschöpfen vom Echten, sondern die Schöpfer sind ihrer eigenen Welt.

Die brauchen wir, die uns Falsches erzählen, die uns hören lassen was nicht stimmt, die Lügner wollen wir hören und ihr phantastisches Geschwätz, erfreuen wollen wir uns, an dem was es nicht gibt. Nur möglich muss es sein, nur denkbar, das Denkbare genügt dem Menschen scheint es, ja das Denkbare braucht der Mensch, weil das Fassbare allein erträgt er nicht.
Was er fassen kann, der Mensch, das will er nicht bedenken, und was er denken kann, der Mensch, das will er nicht mehr fassen.
Wer also sagt, er sei der Dichter seines Lebens, der weiß: er kann sein eigenes Leben gar nicht fassen. Wer sein Leben dichtet, der fasst nicht, sondern denkt, der gestaltet nicht im Tun, sondern im Denken. Und was er da gestaltet, das ist paradox: sein Tun gestaltet er - denkerisch. Der Dichter des Lebens beschreibt sein Handeln nach eigenem Gutdünken. Nach eigenem Gutdünken lebt er, wird er sagen. Das tut er nicht, er lebt so, wie er lebt. Für autonom wird er sich erklären, machen wird er, was er muss.

Aber wer will das Hören? Für das philosophische Gebrabbel ist es im Sommer sowieso zu heiß, und ob einer jetzt - sagen wir - eigentlich schreibt, oder uneigentlich, ob er von der Wahrheit etwas versteht, oder zumindest vom Verstehen selbst, das interessiert ja im Endeffekt doch keinen.
Und so könnte auch ich - vielleicht - feststellen, was mich dazu bewegt, einen Sommer in Asien zu verbringen, warum oder welcher Sinn dahinter liegt, ob es etwas bringt oder dergleichen mehr, welches innere Motiv mich nach so weit draußen zwingt etc.
Aber interessanter sind doch die Lügen, die ich mit nachhause bringen werde, sind die Geschichten, die das Leben schreiben wird und die ich hier festhalten möchte.

Ob mir dies tatsächlich gelingen wird, ob ich wirklich schreiben werde, wenn ferne Strände und Städte, Städte und Sterne warten, ist ungewiss. Fest aber steht: Wenn ich zurückkomme und behaupte, ich hätte keine Zeit gehabt zum Schreiben, so wird es gelogen sein, weil Zeit ja etwas ist, das man - wie man sagt -, nicht hat, sondern etwas, das man sich nimmt, oder eben nicht nimmt. Je nachdem. Jeweilig quasi.
Rischl - 2. Aug, 22:34

Gedanken sind den Taten überlegen, denn jene kommen diesen immer zuvor. So soll Pallas Athene einst auf dem Olymp gesprochen haben.
Warum auch Taten den Gedanken folgen lassen, wenn man doch alles nur Erdenkbare im Kopf erleben kann, wenn die Taten einen doch nur nach der Vorstellung davon enttöuschen können.
Wozu nach Asien reisen, wenn du dir die Reise vorstellen könntest?

Aber mutig bist du, der es trotzdem versucht, Erlebnisse zu haben, wie man so schön sagt, den etwas erleben bedeutet anscheinend noch einmal etwas anderes als leben an sich. Mutig bist du, dich deinen Vorstellung entgegenzustellen und das innere Auge zu verschließen, das jenen frönt und stattdessen dich auf das Wahrhafte um dich zu konzentrieren. Nicht einen inneren Film ablaufen zu lassen, nicht dir die Realität als Buch selbst vorlesen, nein, wirklich und wahrhaftig teilnehmen an dem, was um dich passiert. Lass es prickeln auf deiner Haut, lass dir die Stimmung zu Kopf steigen, lebe im Moment und denk nicht im Erleben darüber nach, wie du dieses am Besten erzählen könntest.

Übrigens: Ich habe Frieda geändert.

Und sonst: Hau rein.

Rischl - 6. Aug, 00:19

Taten sind bloß Schatten der Gedanken.
Schade, dass ich kein Altgriechisch kann.
Aber so lautet wohl die eigentliche Übersetzung. Ja, ich schäme mich. So was überlasse ich sonst nicht einer sinngemäßen Wiedergabe.

ledsgo - 11. Aug, 05:30

Das Sinngemaesse, das Uebertragene, dass sind ja nach Heraklit - und mit ihm Nietzsche - die eigentlichen Orte der Wahrheit. Deshalb, weil die Welt nur aesthetisch zu rechtfertigen sei (so Nietzsche), kann man schliesslich auch der Dichter des eigenen Lebens sein. Insofern musst du dich also ueberhaupt nicht schaemen, ich jedenfalls tu das nicht, wenn ich da herumschlaumeiere und sinngemaess philosophiere.
Rischl - 20. Aug, 16:19

Nun ja, aber etwas sinngemäß wiedergeben heißt doch, sich etwas aneignen, zum (Groß)teil. Gestern sah ich Inception, da sagte der gute Leo was davon, dass ein Gedanke, einmal eingepflanzt in einem Menschenhirn, aus selbigem kaum mehr zu entfernen sei, man sei "infiziert". Also, was heißt das nun für diesen Fall? Wollte das der tote Dichter, wollte er mein Gehirn infizieren, bin also nicht ich diejenige, die sich aktiv seinen Stoff angeeignet hat? Das find ich natürlich äußerst interessant. Hab aber noch keine passende Vorlesung dazu gefunden. Muss wohl selbst Professorin werden...
Und ja, die Wahrheit kann wohl nur durch mich stattfinden (am eigentlichen ORt, wie schön:) ), oder durch dich oder sie oder es oder durch sonst jemand oder etwas. Oder aber auch nicht. Da kann man dem Herrn Nietzsche nicht so Recht geben, weil ist das wirklich wahr, was mir mein Gehirn als wahr präsentiert?

So. Auf eine schöne Wahrnehmung auf deiner weiteren Reise!
Und melde dich doch, wenn du wieder da bist, rasch, wenn möglich...

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