Mittwoch, 16. März 2011

Der Audifahrer und der Müllmann

Freilich schaut der Audifahrer grimmig. Vermutlich ist ihm etwas heiß an diesem nebelkalten Mittwochvormittag, der gleichsam ein Allerweltstag ist, ein Tag eben, den man immer, überall und jederzeit antrifft, kurz: der – und das gilt für Wien ganz besonders – nichts außergewöhnliches mit sich bringen wird. Jedenfalls scheint dem Audifahrer in seinem Audi etwas aufzusteigen, dass sich auch durch die Klimaanlage und durch das Fensteröffnen nicht so schnell wieder runterschlucken lässt. Wie ein Thermometer stelle ich ihn mir vor, den Audifahrer: genauso langsam und beständig wie das Quecksilber im Laufe des Tages nach oben klettern wird, steigt dem Audifahrer das Blut auf, so lange, bis ihm heiß wird und noch länger. Das kochende Blut führt naturgemäß zur Erwärmung des Körpers auch dann, wenn es draußen kalt ist – vielleicht ein Beweis für die umstrittene Psychosomatik, denke ich mir. Dass der Körper sich dann abkühlen will, ist die logische Konsequenz und deshalb tritt ganz oben am Körper des Audifahrers aus, was von unten aufgestiegen ist: Schweiß tropft auf sein Burberry- Hemd, vom Magen herauf steigt ihm der Groll und drückt ihm unter den Achseln, am Hals und auf der Stirn den Wutschweiß heraus. Wie ein Thermometer im Kochtopf sitzt der Audifahrer in seinem Audi, steckt im Stau und kocht über.
Ähnlich gehen wird es dem Müllmann. Der Müllmann steht in dem Moment, in dem ich ihn zum ersten Mal erblicke, schon geschätzte 5 Stunden auf dem fahrenden orangenen Mistkübel, der alles schluckt, was dem Wiener Haushalt zu grausig ist. Das frühe Aufstehen, den Gestank und die eigentlich hundsgemeine Aufmachung – das hässliche orangene Ding, das ihn als Mistkübler brandmarkt – dürfte der Müllmann schon gewohnt sein, die ärgste Kälte ist auch vorüber: eigentlich ein guter Tag für einen Müllmann, denke ich mir nicht ganz ohne Zynismus, aber auch nicht ohne Mitleid. Trotzdem steigt auch dem Müllmann der kalte Schweiß auf die zornig heiße Stirn. Er hat nämlich einen Mistkübel nicht ordnungsgemäß in den Wagen verhackt, sodass nur eine Seite des besagten Mistkübels – ein Restmüllbehälter der größeren Sorte – aufgehoben wurde und schließlich aus der Verankerung brach, zu Boden fiel und selbigen verdreckte, weil der Restmüllbehälter selbstverständlich voll mit Restmüll war, jetzt aber leer ist, weil sein Inhalt die Neubaugasse im siebenten Wiener Gemeindebezirk ziert. Der Müllmann hat Mist gebaut.
Es ist, stelle ich mir als Straßenbahnfahrer zumindest vor, bestimmt eine ärgerliche Sache, in Wien dem Müllwagen nachfahren zu müssen. Da bleibt der an jeder Ecke stehen, lädt Mist auf, dabei macht der Wagen Lärm, es stinkt vielleicht sogar bis ins Auto hinein, Stau bildet sich: Stop and Go ohne Ampeln eben, an jeder Haustüre. Jetzt hat der Audifahrer vermutlich – wie die anderen im Stau hinter dem Mistwagen – das Pech, den Mistwagen nicht umfahren zu können, was ärgerlich genug ist. Aber dann, wird er sich denken, ist der Mistkübler auch noch ein unfähiger Depp, und jetzt haben wir den Salat, den keiner haben wollte: ein einsamer, oranger Mann steht auf der Straße umzingelt von schönen und teuren Autos und sammelt den Dreck ein, den die schönen Autos nicht mehr haben wollten. Dabei muss sich der Orangene hin und wieder eine Hupe, ein zärtlich wienerisches „Oaschloch“ oder einfach einen Stinkefinger gefallen lassen, was wiederum den Schweiß auf seiner Stirn erklärt: Groll und Wut, gepaart mit ein bisschen Angst und Nervosität, dazu die Hektik des Aufsammelns. Aus Stop and Go wird Stop für die Meisten, nicht aber für ihn. Er verflucht in diesem Augenblick wohl sein Leben, das in solchen Momenten immer Personencharakter hat: das will ihn pflanzen, das Leben! Aber „es hilft nichts“, wird er sich sagen, und „es ist wie es ist“, und so klaubt er mühselig und so rasch er kann den Mist vom Boden in den Mistwagen hinein. Immer heißer wird auch ihm dabei, immer mehr steigt es ihm auf und immer schwieriger schluckt es sich hinunter, und doch: es gelingt ihm, die Fassung zu behalten, auch wenn sie den restlichen Tag bitter schmeckt. Die Krankenkassenpsychologin und Hobbyesoterikerin, die neben ihrem von den Eltern – übrigens auch Audifahrer – gesponsertem 9 Jahre dauerndem Psychologiestudium spiritistische Meditations- und Heilkunstkurse besucht hat, wird ihm in ein paar Jahren einmal sagen, er dürfe seine Wut nicht immer hinunterschlucken. Das wird aber der Müllmann auch so wissen, genauso wie er jetzt schon weiß, dass er sie auch nicht herauslassen darf, die Wut, weil er sonst überhaupt nichts mehr zu schlucken hat, weil er sonst nicht mehr den Müll verräumen darf, den andere für ihn machen, damit er Arbeit hat. Deshalb wird ihm auch der Rat der Psychologin nur halb so viel helfen, wie das Bier, das zum Runterschlucken der Wut hilft, weil es sie regelrecht runterspült, und die Tabletten, die ihm die Psychologin verschreibt, weil die von vornherein betäuben, was da aufsteigen will und so wird er weiterschlucken, bis er selbst nur noch ein Haufen Müll ist, den andere dann wegwerfen, eingraben oder verbrennen.


Gestresst und verschwitzt fuchtelt der Audifahrer mit seinem Handy herum, sagt seiner Sekretärin höchstwahrscheinlich, dass er es nicht rechtzeitig um neun ins Büro schaffe, weil er im Stau stecke und hupt immer wieder vor sich hin. Die Sekretärin versichert ihm, den Kaffee auf halb 10 aufzusetzen, sie kümmere sich derweil um Kunden, falls denn welche kämen. Immer noch verärgert legt der Audifahrer auf, langsam sieht er, wie sich der Stau lockert. Der Schweiß steht ihm noch immer auf der roten Grollbirne, aber auch er hat sich wieder gefangen. Er ist jetzt wieder ganz Geschäftsmann, trocknet sich die feuchte Stirn mit einem weißen Taschentuch und zündet sich eine Zigarette an. Der Müllwagen, der jetzt auf die Busspur ausgewichen ist, um die Kolonne hinter ihm vorbeizulassen, ist fertig beladen, der unglückliche Mistkübler steht da, wo er immer steht und sieht den Autos beim Vorbeifahren zu. Der Audifahrer wird auf Höhe des Müllmanns immer langsamer, fährt Schrittempo und kurbelt das Fenster hinunter: „Sogar für die Müllabfuhr bist du z'deppad“, schreit er dem Mistkübler aus dem Fenster hinaus und steigt daraufhin ins Gas, wodurch 215 Ps aufheulen und den Mistkübler in einer Lärm- und Abgaswolke stehen lassen. Auch die wird er schlucken müssen, der Müllmann, aber immerhin ist der Audifahrer zu seinem Recht gekommen – „man kann sich ja nicht alles gefallen lassen“, wird er seinen Kollegen später stolz erzählen, wo käme man da hin?
Ja, tatsächlich: wo käme man da hin? Vermutlich nur zur Müllabfuhr.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Der Austriazisman oder: germanistische Kuriositäten

Die Sprache des Austriazisman ist geprägt von Austriazismen. Der Austriazisman stellt so die austriarchische Form des Germanisman dar, der wiederum nicht anderes ist als ein Anglizismus, durch den ein Germanist - modern und einer kosmopolitischen Zeit angemessen – bezeichnet wird. Der Germanisman entpuppt sich so als Germanist, der Austriazisman ebenso, allerdings als österreichischer. Gemeinsam sorgen Germanisman und Austriazisman in erster Linie dafür, die deutsche Sprache zu pflegen, was ihnen nur mäßig gelingen will, da ihr eigener Sprachbegrauch am wachsenden Einfluss der Anglizismen leidet, würden sie doch sonst nicht vom Austriazisman, wohl aber von Austriazismen, schreiben.

Sonntag, 5. September 2010

Thailand und das,was noch zu sagen bleibt

Fehlt noch, von Thailand zu berichten. Der Zwischenstopp in Penang war nicht der Rede wert. Schade eigentlich, denn der Eindruck von Penang war spannend, aber ein Tag ist eben doch zu kurz, um Urteilen zu können.
Bleibt also Thailand. Gleich bei der Einreise haben sich die Thais als lachendes Volk vorgestellt. Der Grenzbeamte hat meinen Pass angesehen, und dann hat er gleich gelacht, seinem Kollegen das Bild gezeigt, und dann hat der auch gelacht, und „Farang“ gesagt. Gut, mein Passphoto ist etwas alt, und sie waren nicht die Ersten, die deswegen lachen mussten, aber ich hätte mir die vielgerühmte Höflichkeit der Thais dann doch anders vorgestellt. Schön, hab ich mir gesagt, sollen sie lachen, die Grenzbeamten, sonst haben sie wahrscheinlich nicht viele Highlights im Grenzbeamtendasein, außer es kommt mal ein Österreicher mit lustigem Bildchen daher…
Obwohl wir extra nach Penang gefahren sind, um die Grenze im Westen zu überqueren, weil, die Ostgrenze aufgrund politischer Unruhen gefährlich sein soll, sind wir im Endeffekt erst wieder durch Hat Yai durchgefahren, eben jener Stadt, die zu vermeiden uns geraten wurde. War aber de facto nicht im geringsten gefährlich, eine unspektakuläre asiatische Stadt, muss man weder sehen, noch vermeiden, deshalb war es umso richtiger, einfach durchzufahren. Haben einen ganz hervorragenden Minivan erwischt, indem wie immer keine Sau English konnte, indem wie immer wir die einzigen Bleichgesichter waren, und in dem wir wie immer blöd angeschaut wurden. Platz hatten wir naturgemäß keinen, die Asiaten – auch ganz naturgemäß – schon, sie sind ja klein. Ein paar Stunden später sind wir in Krabi angelangt, wo es so richtig runtergeschüttet hat. Ist uns noch nicht oft passiert, und da haben wir dann gleich überlegen müssen, ob eine Bootsfahrt bei dem Wetter auf eine kleine Insel, die unlängst (2004) vom Tsunami heimgesucht wurde, schon eine gute Idee ist. Wir sind dann, weil wir schon bezahlt hatten, doch gefahren, weil der Geiz die Vernunft auch bei uns armen Studenten schon übertönt- da wundert einen zwar der kapitalistische Vermehrungszwang, wenn man darüber nachdenkt, aber im Endeffekt ist man dann auch so ein grausiger Knausriger. Aus Geiz und Übermut haben wir also unsere Fähre genommen- und sind nicht wirklich enttäuscht worden, weil an unserem Reisetag die Wolken ausgeschüttet haben, was in ihnen steckte, und unsere 3 Tage auf der Insel dementsprechend sonnig und heiß waren. Haben uns einen wunderschönen Sonnenbrand geholt – Julia rot weiß rot gestreift wie immer also patriotisch -, und ich auf den Seiten und am Bauch gerötet wie das reinste Ferkel. Ko Phi Phi hat als Insel nicht nur ihren Eigenreiz, der darin besteht, dass die Insel eigentlich aus zwei Kalksteinhügeln besteht (ca 200 Meter hoch), die in der Mitte durch einen dünnen Strandstreifen verbunden sind, wodurch sich 2 wunderschöne Buchten ergeben. Außerdem hat nämlich Ko Phi Phi noch jenen Fremdreiz, dass „The Beach“ auf der unmittelbaren Nachtbarsinsel gedreht wurde. Jetzt hat natürlich ein jeder Reisende „The Beach“ gesehen, und ein jeder Reisende, der den Film gesehen hat, und der noch dazu im Südwesten Thailands am Weg ist, der muss natürlich „The Beach“ auch anschauen, weil „The Beach literally is „The Beach“, wie die Engländer sagen. Der Strand also, der Strand schlechthin. Da haben wir uns gedacht, den Strand müsse man eigentlich wirklich gesehen haben und trotz allem Misstrauen gegen jedwede Touristengruppe, gegen jedwede Daytrip-Tour haben wir uns gesagt, den Strand müssen wir sehen. Wir haben uns also einer solchen Touristenausflugstruppe angeschlossen, und sind dann mit 12 anderen Leuten auf ein kleines Bötchen mit uraltem Yamaha- Motor gesteckt worden, und das hat uns dann durch die Gegend gefahren. Wir haben dabei wirklich schöne, unberührte Inseln gesehen, schöne Strände besucht und sind eben zum Schluss auch an dem Strand angelangt. Leider war der alte Yamaha- Motor allerdings so laut, dass wir kaum sprechen konnten auf dem Boot, und dass der Kopf irgendwann zu schmerzen anfing. Ein bisschen blöd war auch, dass irgendwann ein kurzer, aber heftiger Sturm aufzog, der die Wellen ein wenig anheizte und letzten Endes einer Engländerin einen derart heftigen Schrecken einjagte, dass sie ihre Hände verkrampfte, hyperventilierte und in Tränen ausbrach. Das arme Ding war am Boden zerstört, einen Puls von 200 und gelähmte, verkrampfte Hände haben auch uns einen Schrecken eingejagt, nur der Bootsfahrer ließ sich von solchen Lappalien nicht beeindrucken und wäre unbeirrt zu unserer letzten Station – nämlich dem Strand – weitergefahren, wenn wir ihn nicht angehalten hätten, das arme Mädchen freizulassen. Sie wurde dann in eine Klinik gebracht, keine Ahnung, was mit ihr passiert ist. In jedem Fall hat der Sturm rasch wieder abgezogen, weil er gemerkt hat, dass unseren Bootskapitän ohnehin nichts in der Welt davon abringen könnte, uns zu dem Strand zu bringen (und dadurch natürlich seine Kohle abzukassieren, was ihm möglicherweise dann doch wichtiger war als unser Stranderlebnis). Jetzt war dieser ganze Ausflug zwar wie gesagt schön, und die Stände und Insel spektakulär, aber trotzdem war er laut, unbequem und offensichtlich auch angsteinflößend, und dann war da noch der Fakt, dass unser Boot lange nicht das einzige war, dass sich die Ehre gab. Und darum war der Strand dann auch gar nicht, was man von dem Strand erwartet hätte, weil davor haufenweise Boote parkten und darauf haufenweise verbrannte Touristen herumhüpften und sich vorstellten, wie es wohl sein müsste, wenn man tatsächlich so einer sei wie der DiCaprio im Film, und dabei ist der DiCaprio im Film ja auch wieder ein anderer als der DiCaprio aber keiner kann sich an den Namen des Filmcharakters erinnern, aber den DiCaprio kennt halt ein jeder und jetzt sagt halt ein jeder so etwas wie „imagine being like that DiCaprio guy in the movie, finding a beach like this in the middle of nowhere…“. Das denken sich also alle, und ich denke mir, Fiktion, meine Herren, Fiktion. Den einsamen Traumstand, den die Werbung uns immer wieder zeigt und drunter „Thailand“, oder „Bali“, oder sonst was schreibt, den gibt’s halt nicht mehr. Die Tourismusindustrie ist halt doch schneller als der Tourist, da muss man sich geschlagen geben, und, es ist ja trotzdem noch schön und sehenswert, nur nicht das Erwartete. Dass die Werbung uns etwas erwarten lässt, was dann doch ganz anders ist, ist vielleicht so etwas wie der modus vivendi des modernen Menschen, dass das Erwartete einmal eingetroffen plötzlich etwas anderes ist als das, das man erwartet hatte, das scheint mir eine existentielle Erfahrung zu sein.
Zum Philosophieren aber bin ich nicht nach Thailand gefahren, deshalb lass ich das. Die Insel war also schön, aber überbevölkert von irgendwelchen Exkolonialisten, die einen glauben machen, dass die Kolonialzeit nur scheinbar, nicht aber wirklich, zu Ende ist. Wir sind dann weiter in den Kao Sok Nationalpark. Eine Ernüchterung. Ein Nationalpark, in dem es 2 Kilometer Wanderweg gibt, ist eigentlich eine Frechheit. Ursprünglich, so die missmutige Dame am Eingang, hatte es mehr Wege gegeben, seien aber alle überschwemmt. Deshalb könne man nur mehr mit einem Guide hingehen. Das mache Sinn sage ich, dass die überschwemmten Wege nicht allein begehbar sind, mit einem Guide aber schon, und lache hämisch, die Dame aber findet das nicht lustig und zuckt ungerührt mit den Schultern.

Man kann also durch durchregneten Urwald nicht alleine gehen, aber man kann durchgehen, wenn einem einer zeigt, wie man durchgehen muss. Uns Beiden ist das schon wieder suspekt, weil die Asiaten am liebsten aus jedem Urlaub eine einzige Riesentour machen würden (nicht weil ihre Touren so toll sind, dass sie sie einem jeden Touristen anherzen müssen, sondern, natürlich, weil eine Tour mit Guide und möglichst noch 3 Übernachtungen im Hotel gut fürs Geschäft sind), und weil diese Touren meistens eher nervige Geschichten sind, wo man von A nach B stresst, einen genervten, unmotivierten Führer hat und dazu noch in einer 10 Gruppe ist, die beim Schnorcheln jeden Fisch, beim Trekken jedes Tier verscheucht noch bevor man merkt, dass es dagewesen wäre. Wir haben uns also gegen eine Tour entschieden und sind ein bisschen mit dem Moped herumgefahren, die Gegend war auch sehr schön, aber es gab dort einfach nichts zu tun, deshalb sind wir auch schnell wieder weitergefahren, was unseren Hotelmanager zur Weisglut trieb, weil wir um 4 Uhr nachmittags ausgecheckt sind (Check-Out Time wäre 10:30 gewesen). Er hat dann in seiner Hektik, weil die Busse von Phuket immer um 16.30 eintreffen und die Bushaltestelle 2 Kilometer von seinem Hotel entfernt ist, was seine Arbeit dahingehend beeinflusst, dass er jeden Tag 4 mal an der Bushaltestelle steht und Leute dazu zu bewegen versucht, in seinem Hotel zu schlafen, uns eine Hotelrechnung geschrieben, die seiner ganz eigenen Phantasie entflohen ist. Da er nämlich dringend Gäste brauchte (wir beide waren die einzigen Gäste), musste er dringend um 16:30 beim Bus sein, um irgendwen anwerben zu können, ansonsten würden es nämlich die anderen „Hotelmanager“ machen. Deshalb also kassierte er für unser Essen Phantasiepreise, weil er nämlich auswendig nicht wusste, wie viel welches Gericht kostete und er keine Zeit finden konnte, um schnell auf der Karte nachzusehen. Auf meine Berichtigungsversuche hinauf wurde er dann rot im Gesicht – hab ich bei Asiaten bisher noch nie gesehen – und hat mir die Rechnung in die Hand gedrückt – ich solle sie mir selber schreiben, meinte er völlig entnervt. Ich musste innerlich lachen, fühlte mich auch ein wenig schlecht weil der arme Kerl ein paar graue Haare mehr hatte, nachdem ich ihm die – auch wenn sie phantasiert war – immer noch sehr billige Rechnung bezahlt hatte. Danach fuhr er uns netterweise zur Bushaltestelle, er musste ja sowieso hin. Am Weg dorthin mussten wir noch unser Moped abliefern und im Gegenzug unseren Pass entgegennehmen, was sich als schwierig erwies, weil die Dame vom Mopedverleih blöderweise nicht zugegen war. Der einige Jahre gealterte Hotelmanager wurde im Gesicht immer roter als ich ihm sagte, ich könne Julias Pass nicht finden. Mit zittrigen Händen zog er daraufhin sein Handy aus der Tasche, und brüllte der Frau am anderen Ende irgendetwas in die Leitung, was dazu führte, dass sie uns tatsächlich den Pass zur Bushaltestelle nachtrug. Trotzdem erreichten wir die Haltestelle erst um 16:45, was unserem Hotelmenschen die Röte im Gesicht entfernte. Dafür blickte er jetzt traurig und enttäuscht auf den Boden unter sich, der an diesem Tag keine Touristen in seine Arme befördert hatte.

Wir haben dann den Bus nach Surat Thani genommen und sind von dort mit der Nachtfähre, die eigentlich ein Frachtschiff mit ein paar Betten war, nach Ko Tao gefahren. Sonnenaufgang mitten am Meer- romantisch wars nicht, weil neben uns eine uralte Thaifrau gelegen ist und ein paar spanische Touristen lauthals schnarchten, aber schön allemal.
Ko Tao selbst war auch eine sehr feine Insel. Haben uns gleich ein Moped ausgeliehen, dass wir dann ganz dem asiatischen Vorbild vom Mopedtransport entsprechend – sie stopfen ja wirklich alles und jeden auf ihre Mopeds –mit unseren 4 Rucksäcken bepackten und losdüsten. Haben dann ein wenig geschnorchelt und ein Hotel gesucht, am Tag darauf noch einen Tauchausflug mit 2 Tauchgängen gemacht, von denen nur einer wirklich brauchbar war weil beim Anderen die Sicht aufgrund von Regen mies war.
Ko Tao, das war dann auch schon unsere letzte Urlaubsstation, sind nachdem Tauchausflug noch auf die Fähre nach Bangkok gehoppst und haben damit das Meer für unbestimmte Zeit verlassen. Spätestens hier wurde uns wirklich klar, dass unser Urlaub bald würde vorbei sein, und dass 2 Monate, wenn sie einmal beinahe zu Ende sind, sehr kurz erscheinen können. Wehmütig waren wir dann, in diesen letzten Bangkok Tagen, weil noch so vieles unerledigt bleiben musste, weil man noch soviel hätte sehen wollen, weil man noch so viele Orte, Städte, Strände besuchen hätte wollen, und weil, egal wie lange man urlaubt, der Urlaub doch immer zu kurz scheint.
Bangkok selbst war dann nocheinmal ein Schlag ins Gesicht, vibrierende Grossstadthektik pur, Schmutz neben glänzenden Tempel, reiche Viertel mit Hochhäusern, darunter Märkte mit gefälschten Jeans, ganze Einkaufszentren mit gefälschter Markenkleidung zu preisen, wo man nicht sicher ist, ob die Hosen jetzt echt, oder doch gefälscht sind. Dazwischen, daneben oder darunter, wie man will, immer wieder Tempel und auch wieder Schmutz, sodass ein Eindruck entsteht von einer Stadt, die selbst nicht weiß, was und wie sie eigentlich sein soll und die vermutlich auch nichts konkretes ist, sondern ein Amalgam aus verschiedensten Einflüssen, die sich nie so recht vereinen konnten und die sich wohl auch in Zukunft nicht werden vereinen können.

Ich könnte noch so vieles schreiben, nicht nur über Bangkok, nicht nur über das, was wir gemacht haben, sondern auch über das, was wir nicht gemacht haben, über die Leute, die wir gesehen haben, die Lebenswelten, in die wir nicht eintauchten, sondern bestenfalls vorbeitrieben als Touristen, die wir nur gesehen, nicht aber gelebt haben. Ich könnte auch so vieles noch fotographisch zeigen, kommentieren, dokumentieren, aber letztlich lassen sich diese 2 Monate, auch wenn es noch so Schade ist, in ihrem Gewesen- sein nicht festhalten. Das Vorbei- Sein dieser, unserer Zeit ist ein Fakt, der sich nicht umgehen lässt, und das Nachleben dieser Zeit ist etwas, das nur mir gehört, ist etwas das nur uns in unserem Gedächtnis zusteht und ist somit etwas höchst Privates, dass von diesen Berichten nur im geringsten Maße abgedeckt wird, aber dieses geringste Maß ist doch das Beste, das ich zustande bringe, ist doch die Meiste Teilhabe, die ich gewähren kann und will und ist vor allem auch etwas, das mir selber helfen wird, dieses Nachleben im Kopf wiederbeleben zu können, sodass der Reichtum dieser Zeit auch in Zukunft noch anhalten wird.

Samstag, 21. August 2010

Pulau Perhentian

Ich bin noch heute kindisch genug, um etwas, das sich "Jungle Train" nennt, um jeden Preis befahren zu muessen. Der Preis, der war aber eh mehr als in Ordnung, die Fahrt laenger als die mit dem Bus, aber das war egal. Weil der Jungle Train oder die Jungle Train Fahrt - fuer die Genauen unter euch - sehr geil war. Ging durch die Nacht. Und dann am morgen weiter. Das war eine geschenkte Hotelnacht, quasi. Und dann ein Sonnenaufgang im tiefsten Jungle, offene Zugtueren, ein einziges Gleis mitten durch die Pampa. Wie im wilden Westen. Nur im Osten. Ich koennte jetzt schreiben, "einen schoenen Jungle haben die Malays", aber sowas schreibt man ja nicht ernsthaft. War trotzdem schoen. Und amuesant und spannend. Sind dann angekommen, in der Naehe von den Perhentian Islands, da hat uns ein Taxler beinahe ueberfallen, und dann hab ich etwas sentimental an den Lahr Poidl denken muessen, weil der nie aufdringlich war, konnte der gar nicht, glaub ich, sich aufdraengen. Haben dann kurzerhand ein anderes Taxi genommen und sind zur Faehre gefahren, und auf der Faehre drauf war uns dann klar, dass wir an einen besonderen Ort kommen wuerden. An einen besonders schoenen naemlich. Und besonders sonnig, besonders heiss und paradiesisch, wie man sich das klischeemaesig vorstellt. Einen Insel mitten im blauen Ozean, drauf auf der Insel Urwald, ein paar Huetten, in denen man schlaeft und dann weisser Strand, Palmen und glasklares Wasser, in dem einem die Fische die Beine anknabbern (dabei kann man ihnen zusehen, wenn man im Wasser ist, weil selbiges so klar ist). Da war uns auf der Faehre also schon klar, dass die Schnauzen so schnell nicht wieder voll sein werden.

Wir mussten dann gleich nachdem wir ein Zimmer gefunden haben schwimmen und schnorcheln und sonnen und schlafen. Und weil das Schwimmen und das Schnorcheln so schoen war, und weil wir schon beim Schnorcheln Schildkroeten, Haifische, Rochen, Baracudas und Schwaerme von anderem Fischzeug, so viele, dass es einfach faszinierend war, haben wir uns gesagt, wir machen einen Tauchkurs und sind getaucht. Wir sind also getaucht, so richtig. Das Schoene am Tauchen ist, dass man quasi schwerelos ist. Man schwebt durchs Wasser. Und ganz abgesehen davon, ist man in einer Welt, die nicht die eigene ist.

Ein Bergmensch wie ich, der will seiner Natur gemaess immer gleich hoch hinaus. Drum rennt er ueberall rauf, auf die Vulkane und auf die Berge und auf alles rennt er rauf, was er findet. Und dann schaut die Welt von oben schoen, aber immer noch gleich aus. Und dann, dann taucht ein so einer wie ich, ein Bergmensch also, einmal ein paar Meter (19 war das Meiste) hinunter, und schon ist er in einer anderen Welt, in einer ganz anderen. Nur fehlt dem Bergmensch das Vokabular fuer diese Welt. Die ganze Fischnamen kennt er nicht (ausser Hai, Schildkroete, Rochen, Moraene), und, wenn er ein Korallenriff beschreiben will, faellt ihm nur "wunderschoene Landschaft" ein, und eine Landschaft ist die Unterwasserwelt ja nicht. Vielleicht eine wunderschoene Seeschaft, oder Meerschaft. Aber auch egal, ich will gar nicht zu viel schreiben, weil das in diesem Fall nichts bringt. War einfach geil auf den Perhentians, beim Tauchen, und bei allem sonst, was die letzten 6 Tage geschah.

Morgen gehts nach Penang, ich hoffe, es bleibt alles so wunderbar, wie es derzeit ist, auch wenn wir nur noch 2 Wochen uebrig haben. Die Sehnsucht nach zuhause nimmt naturgemaess dann ab, wenn zuhause naeherrueckt. Dann wuenscht man wie immer das, was man nicht hat, und moechte noch bleiben. Aber auf Inseln wie den Perhentians will man immer bleiben. Hat unser Tauchlehrer auch gewusst, ein Englaender. Im Gegensatz zu uns ist er auch geblieben. Ein Gluecklicher. Wir hingegen praktizieren die Kunst des Verlassens, um bald wieder heimzukehren. Schon wieder so ein Reiseparadoxon. Noch aber, noch sind wir nicht zuhause, und wir werden sehen, was 2 Wochen Thailand bringen. Man darf also, immernoch, gespannt sein.

Volle Schnauzen

In Kuala Lumpur, da treffen sich die vollen Schnauzen. Ich fuer meinen Teil, ich hab auch die Schnauze voll gehabt, weil mir die Reiserei ein wenig anstrengend wurde, ich hab also, wie man sagt, die sprichtwoertliche Schnauze voll gehabt. Andere, die haben wir gesehen, die haben die tatsaechliche Schnauze voll gehabt. Australier waren das, schon wieder. Die so sympathischen Australier, die werden doch auch zur Plage, weil sie sich wie die Heuschrecken ausbreiten ueber Suedostasien, und dort dann doch nix besseres zu tun haben, als die Oralitaet zum Weltprinzip zu erheben, sich also sprichwoertlich vollstopfen. Die stopfen dann das - zugegeben sehr gute - Seafood in KL in sich hinein auf den chinesischen Maerkten, in den Foodstalls und ueberall sonst wo billig gut gegessen werden kann, und spuelen solange mit Tiger Beer nach, bis sich eben nicht mehr nachspuelen laesst, und dann ist zuerst der Bauch, und dann die Schnauze voll.

Man darf in solchen Situationen - man sitzt im Food Stall, isst und ueberlegt sich, was man gesehen und gemacht hat - als Reisender die Augen nicht vor der Welt verschliessen, in der man lebt, und muss sich, wenn am Nebentisch besagte Australier sitzen und zu allem oralen Ueberfluss auch noch kleine Malaymaedchen dabei haben - die fetten 50jaehrigen Australier neben den zerbrechlichen, 18 jaehrigen Maedchen -klarmachen, dass man selber im Endeffekt auch ein solcher ist, ein solcher Genusssuechtiger, nur betreibt man die persoenliche Genusssucht eben etwas subtiler, wie die umgangssprachlichen grausigen Hunde das machen.

Wir haben in KL in jedem Fall gemacht, was man machen muss: die Petronas angesehen, auf einen 273 Meter hohen Turm gefahren um von dort nochmal auf die Petronas und die Skyline zu sehen, wir waren in den Petronas, und sonst, ja sonst waren wir in einer ranzigen Hoehle mit Hindutempeln, die genauso ranzig und verdreckt waren, wie die Hoehle selbst, und spaetestens da haben wir dann rausgefunden, dass die sogenannten Sights in KL nicht so spannend sind, wie gesagt wird. Haben deshalb einfach das Grossstadtleben genossen, mit Billiardspielen, Biertrinken und allem, was man sonst noch so macht. Die Stadt hat, in ihren schoeneren Vierteln einen sehr westlichen Touch mit vielen Irish Bars und noch immer vielen Englaender und Commonwealthlern die dort arbeiten und herumhaengen. In den anderen Vierteln ist es sehr schnell schmutzig, ausser in Chinatown, da laesst sich - wie ueberall, wo die Chinesen im Spiel sind - alles billig kaufen, ALLES.

Die Stadt ist sehr Multikulti, aber immer ist das auch nicht von Vorteil, vorallem, wenn man ein Monat Indonesien in den Beinen hat und eigentlich nichts will als westlichen Kaffee (Starbucks, auch wenn man ihn zuhause entschieden meidet), Junkfood (Chillis), Heineken und Premiere League in Irish Bars, die weltweit ohnehin einheitlich zu sein scheinen.

Angenehme Tage waren das in KL, wirklich angenehme Grossstadttage, die bitter noetig waren nach dem ersten Monat. Sonst wuerd ich jetzt trotzdem so urteilen, dass ich sagen muss, mit Ausnahme der Petronas und dem Golden Triangle - also dem edleren Viertel, das an die Petronas anschliesst - ist die Stadt selber nicht das Gelbe vom Ei. Da man aber eben nicht eine ganze Stadt lieben muss, sondern auch einzelne Viertel bevorzugen kann, und wir deshalb eben meistens im Golden Triangle waren, war das so, wie Singapur, einfach angenehm, und KL will ja auch ein wenig so sein wie Singapur, ein Versuch, der aber nur schleppend und vereinzelt gelingen will.

Auf alle Faelle war die Schnauze nach ein paar Tagen KL wieder leer genug, um weiterzureisen - ins Paradies.

Mittwoch, 11. August 2010

Bali, ein Anfang und ein Nachtrag

Manchmal, da denkt man sich schon, das ist jetzt ein Bloedsinn, was man da macht. Fliegt man um die halbe Welt, faehrt elendslange mit dem Bus durch miese Strassen, schlaeft in billigen Absteigen, nur damit man dann in Kuta auf Bali um Mitternacht ankommt und kein Zimmer mehr findet, weil in Kuta Unmengen besoffener Australier herumstolpern, ebenso wie unsere deutschen Nachbarn selbiges im umgangssprachlichen "Malle" machen. Da verwundert es auch nicht, dass die Balinesen den weissen Mann nicht sehr lieben, weil der weisse Mann dort sich der voelligen Zuegellosigkeit preisgibt. Und weil er sich eben preis gibt, gibts in Kuta auch unverschaemte Preise, und wenn man die fuer - nur zum Beispiel - gefaelschte Converse nicht zahlen will, dann kann einem wie mir schon passieren, dass ihm vom dreisten Verkauefer ein "I am more rich than you, motherfucker" nachgerufen wird. Dass ist es vermutlich, was die Balinesen auf Kuta plagt, die gute alte Minderwertigkeit und die absolute Tierhaftigkeit der Urlauber, die sich den sogenannten "viehischen Lastern" nur allzugern hingeben.

Ja, grosse Enttaueschung aufs Erste. Von Schoenheit keine Spur, nur eine haessliche Stadt voller schaebiger Gassen mit ueberteuerten Lokalen und Bars und ein Strand, der schoen sein koennte, aber da liegen eben die Menschen selbst wie Sand am Meer herum. Gut, dass es auf Bali auch anders geht, und noch besser, dass die allermeisten der Touristen wirklich kein Interesse zeigen fuer irgendetwas ausser Bintang und Arak. So ist es naemlich auf Bali ein Leichtigkeit, mit dem Moped die ganze Insel abzuklappern, weil die Insel winzig, und die Strassen in erstaunlich gutem Zustand - selbst fuer europaeische Verhaeltnisse - sind. Die gesamte Ostkueste abgeklappert, raue Felsklippen des Archipels, im Hintergrund ein 3000 Meter hoher Vulkan, der bis obenhin mit tropischem Regenwald zugedeckt schlummert, draussen das Meer, auf dem die Sonne knallrot um 7 Uhr morgens am wolkenfreien Himmel aufsteigt, sehr freundliche Leute an diesen, den touristisch aermeren Orten, und, wenn schon nicht die billigsten Zimmer, dann doch die, die die mit Abstand beste Preis- Leistung hergaben, die wir bis jetzt gefunden haben. Gerne haette man auf dem Moped noch mehr Zeit verbracht, haette noch ein wenig mehr von der Insel unsicher gemacht, aber dann ist man doch nur 4 Tage unterwegs gewesen, hat die Kuesten bewundert, einen Vulkan bestiegen und eine wunderschoene Stadt (eigentlich eine indonesische Unmoeglichkeit) namens "Ubud" betrachtet, und dann fand man sich schon wieder in Kuta.

Noch den Ausblick vom Vulkan im Kopf - 1720 Meter beduerfen keinem Guide, wirklich nicht und selbst dann nicht, wenn die Einheimischen schimpfend herumstehen und uns zum Umdrehen anhalten, um sinnlose 20 Dollar zu bezahlen, damit uns ein missmutiger Typ jenen Weg zeigt, den man ohnehin nicht uebersehen kann - fahren wir aus den Bergen Richtung Kuta zurueck, da werden wir Polizei-kontrolliert. Auch eine indonesische Unmoeglichkeit, faehrt doch hier auf dem Moped von der 5-koepfigen Familie bis zum Bauern mit 6 Huehnern hinten raufgeschnuert alles auf den Hondas, was nur irgendwie Platz hat, die uns da wiederfahren ist. Jedenfalls wollte der Zulassung und Fuehrerschein, beides hatten wir, aber, international anerkannt sei ein europaeischer Schein laut dem Officer nicht, auch nicht auf den Hinweis hin, dass die EU ohnehin ein internationales Staatengebilde sei. Da mussten wir schon 100.000 Rupien zahlen, also 8 Euro, damit wir dann erst recht ohne Schein - auch ohne Strafzettel, weil der Herr Polizist natuerlich auch ein wenig an sich denken muss - weiterfahren durften. Alles halb so wild, die Touristen nimmt man naturgemaess aus, wos nur geht, und wir als Zeller wissen das mit am Besten von allen.

Von Ubud - ein wirklich schoener Ort - schon wieder auf Kuta eingestellt, weil dort auch schon viele Touristen anzutreffen sind, sind wir dann eben zurueck, haben dort noch Freunde aus der Heimat getroffen und eine Reisebekanntschaft - ebenfalls aus Wien. Eigenartig war das, mit 6 Oesterreichern in Kuta zu sitzen, aber trotzallem eine amuesante Sache. Haben dann auch das gemacht, was in Kuta gemacht werden soll und sind ein wenig ausgegangen, war aber aufgrund von diversen Beziehungsproblemen unserer Freundschaften (je einmal die Reise-, einmal die Zeller Bekanntschaft) immer ein Reinfall. Nur gut, dass sich Aehnliches bei uns nicht abspielt. Auch gut, dass wir gestern unseren Flug nach Kuala Lumpur und somit unsere letzte grosse Reise vor der tatsaechlichen Heimreise erledigt haben, und uns jetzt noch ein gutes Monat Malaysien und Thailand bevorsteht, ein Monat, von dem ich mir weniger Stress erwarte, als es das indonesische Monat uns bescherte, denn, muesste ich jetzt ein Resumee ziehen - und Resumees sind ja doch meistens ein Kaese -, dann wuerd ich so etwas sagen wie "schoen wars, schoen auch, dass ich dort war, aber nocheinmal fahr ich da nicht hin (ausser vielleicht auf die Inseln oestlich von Bali, weil Bali abgesehen von Kuta schon sehr vielversprechend war).

Vom letzten Mal muss ich noch nachtragen, dass wir, bevor wir nach Bali gefahren sind, noch am Dieng Plateau waren, das hab ich in der Aufregung scheinbar vergessen. Das Dieng Plateau war ein sehr gruseliger, eigenartiger Ort in den Bergen Javas. Ein Bus hat uns dahin gebracht, da waren soviele Leute drinnen wie bei uns in ganzen Zuegen. Eine Strasse fuhr dahin, die war so steil und eng, dass der Bus im Schritttempo fahren musste (gut, der Bus war auch ein Schrotthaufen, steil aber wars in jedem Fall) und Leute fuhren dahin, die waren so klein und staemmig, da musste ich mich auf schlimmste alpine Verhaeltnisse gefasst machen, weil, der Bergmensch, so sagt man, ein kleiner sei, und ein staemmiger. Oben auf dem Plateau wars dann sehr schoen, sind wir auch mit dem Moped herumgefahren, weil die Bergstrassen dazu verfuehrt haben. Das war phasenweise ein Heidenspass, weil dort oben nicht viele Touristen durchkommen und die Einheimischen dementsprechend bloed geschaut haben, wie da 2 helmlose Blondschopfe durch ihre Felder streifen (Helme gabs dort keine, sonst haetten wir sie selbstverstaendlich getragen, liebe Mutter). Da waren einige dampfende, stinkende, schwefelnde Vulkankrater, ein paar Bergseen und mittendrin ein Kraftwerk, das mehr geraucht hat, als alle Vulkane zusammen, eine paradoxe Geschichte also und somit prototypisch fuer ganz Indonesien. Ein andere, und letzte indonesische Prototypengeschichte der Paradoxie ist der Mount Bromo, der so etwas wie der Grossglockner Indonesiens - oder zumindest Javas - ist, und auf dem, als wir auf ihn hinaufgingen, auf einmal eine Bundesheerangelobung auf indonesisch stattfand. Wir sind da zum Sonnenaufgang um 6 Uhr morgen hingegangen, und kurz vorm Krater blockierte auf einmal ein Bataillon - vermutlich sowas wie Gebirgsjaeger - den Weg. Die standen Stramm und riefen irgendwelche Dinger, gleich wie bei uns, gleich doof aussehend, gleich unsinnig, einfach gleich, untereinander und weltweit beruht scheinbar jedes Militaer auf der unbedingten Gleichheit, hat somit einen totalitaeren und kommunistischen Zug, der mir widerstrebt. Deshalb haben wir uns seitlich vorbeigemogelt und einen schoenen Blick auf den Sonnenaufgang, und danach in den Krater erhascht, auch ein wundervoller Ausblick in Sand/Lavawuesten wurde uns offenbar, ehe wir vor den Schwefelgestaenken mit Traenen in den Augen und Rotz in den Nasen (zumindest ich) fluechteten und dann da ankamen, wo dieser Aufsatz anfaengt.
Das ist jetzt eine komische Chronologie, am Anfang aufzuhoeren und selber schon weiter zu sein - eben in Kuala Lumpur. Aber seltsam, das ist, genau bedacht, das Allermeiste auf dieser Welt, und am seltsamsten, dass sie ueberhaupt da ist mitsamt der Art und Weise ihres Daseins, und aus diesem Grund letztlich ist man ja anfangs auch weggefahren, naemlich um die Art und Weise der asiatischen Welt kennenzulernen. Jetzt steht man da und findet sie seltsam. Gut so.

Montag, 2. August 2010

Im Osten nichts Neues

Jakarta, das war ein Graus. Da bleibt man nicht gerne, wenn man Urlaub macht, weil, das ist gross und schmutzig, und Sehenswertes gibts da nur scheinbar. Sie sagen zwar, sie haetten sogenannte Sights, haben tun sie aber keine. Nur Schmutz haben die dort, und 26 Millionen im Grossraum, die ihr allerbestes tun dafuer, dass der Schmutz nicht weniger wird. Ueberhaupt schmeissen die Indones(i?)er ihren Mist gerne dorthin, wo wir Urlauber dann entlangspazieren: auf Trekkingwege in den Bergen, auf Straende oder in Seen werfen und leiten die ihren Mist. Die Einen also zahlen Geld um das zu sehen, was fuer die Anderen nicht mehr ist als ein Mistplatz. Komische Geschichte. Jakarta aber, das ist unbestritten, wird auch fuer mich nicht mehr sein als ein Mistplatz, kurz: zum Wegwerfen. Haben wir dann auch gemacht, sind wir gleich weiter: Yogyakarta mit dem Zug. Ein schlechtes Gefuehl im Bauch, weil, Jakarta, und Yogjakarta, das hoert sich an, als waers fast dasselbe. Ist es aber nicht. Zwar wuerde ich niemandem zu einer Staedtereise nach Indonesien raten, weil, das muss einfach gesagt werden: die Staedte hier sind einfach grausig. Unfassbarer Verkehr, unfassbar viele Menschen auf unfassbar wenig Raum und nichts deutet darauf hin, dass der Verkehr - oder zumindest dessen Abgase (die Motoren blasen nicht einfach Abgase in die Luft, das ist konzentrierter Dreck ist das) - oder aber die Menschen weniger werden. Im Gegenteil: Das Eine wird mehr werden, und somit, exponentiell nennt man das, auch das Andere.
Aber zurueck zu Yogyakarta, denn, im Vergleich zu Jakarte ist das Yogyakarta ein Traum. Zumindest ein paar sehenswerte Flecken, einen Sultanpalast und eine halbwegs schoene Strasse mit einem asiatischen Markt, der zwar nicht schoen, aber zumindest interessant ist. Ausserdem gibts ein paar Kilometer westlich bzw oestlich von Yogyakarta einen ganzen Haufen buddhistischer und hinduistischer Tempel von beeindrueckender Gestalt, umkreist von Urwald und vulkaneskem Gebirgsmassiv, sodass einem die sprichwoertlichen Ohren schlackern. Vor lauter Ohrenschlackern hat man das Ganze auch 400 mal fotografiert. Da die Tempel aber tatsaechlich nicht nur eine Scheinsehenswuerdigkeit darstellen, hat man es 400 mal nicht geschafft, keinen Touristen aufs Foto zu bekommen. Ja, die Tempel sind ein wenig ueberlaufen, wie gesagt, verstaendlicherweise. Soll und will man gesehen haben, wenn man sie mal gesehen hat. Eine Sache halt, von der man weiss, dass man sie nicht verpassen will, wenn man sie mal gesehen hat.

Danach gings weiter zum Mount Bromo (Gunung Bromo, wie die Indones(i?)er sagen. Der reiht sich muehellos hinter die Tempel: auch ein geiles Ding, raucht und stinkt nach Schwefel, hat einen Riesenkrater inmitten einer Lavastaubwueste, rundherum massivstes Bergmassiv und genau zwischen zwei massiven Bergmassiven schiebt sich auf einmal um 7 Uhr morgens die Sonne durch in einem Dunkelrot, das man so noch nicht gesehn hat. Ausser eben, man war einer von den 250 Leuten auf Mount Bromo, oder einer von den 100 indonesiischen Militaers, die dort angelobt wurden. Das war auch ganz witzig, fast wie bei uns: oben ein Hauptmann, der irgendwas herumschreit, unten die Affen, die spurten. Ehschowissn.

Von Yogyakarta nach Bromo, und von Bromo nach Bali - da sind wir jetzt - gabs lustige Busfahrten. Indonesische Busfahrten. Aber ueber die hab ich mich schon genug ausgelassen. Waren lange, muehsam und unsympatisch, sind aber jetzt Gott sei Dank vorbei. Und weil Bali schoen ist, gibts vorerst im Osten nichts Neues, ausser dass ich heute einmal halbbetrunken schreibe, weil ich drei Bier intus habe. Hab ich mir aber nach der Busfahrerei, Bergkraxlerei und Mopedfahrerei rund um zerstoerte Seestrassen und ueberfuellte Strassen zwischen Buddha- und Hindutempel (wir sind mit dem Moped gefahren, weil die Touristengruppen nicht auszuhalten sind) aber redlich verdient. Vielleicht trink ich sogar noch eins, weil, auf Bali kann man ja mehr als nur schwimmen.

Sonntag, 25. Juli 2010

Der letzte Nerv

Rechts und links von mir, hinter den abgedunkelten Fenstern des Minivans, ist Urwald. Unter uns eine loechrige Strasse, teils Sand, teils Beton, teils irgendetwas anderes. Hinter mir sitzt ein schweizer Paerchen, neben mir meine Reisebegleiterin, vor mir ein Indones(i?)er, der kein Wort English spricht und ein Schweizer, der - wie der Rest im Minivan - kein Wort Indonesisch spricht. Die Strasse geht steil bergauf, eine Rechtskurve steht bevor. Ploetzlich steigt der Fahrer ins Gas und setzt zum Ueberholen an. Dass er etwas sehen koennte, scheint nicht nur mir unmoeglich, denn der gesamte Bus haelt den Atem an. Ein lautes Hupen, quietschende Bremsen und das Ueberholmanoever wird zurueckgebremst.

Ich denke mir in diesem Moment, dass der Fahrer nun wohl etwas vorsichtiger fahren werde, dass ihm dies ein Lehre sei. Einen solchen Irrsinn begeht ein vernueftiger Mensch kein zweites Mal. Aber die Indones(i?)er, das weiss ich mittlerweile, die sind nicht vernueftig. Es stellt sich heraus, dass solches Ueberholen auf Verdacht an der Tagesordnung steht. Ebenso stellt sich heraus, dass es hier nicht wirklich Gesetze beim Fahren gibt, die Grundregel lautet: der Groesste hat Vorrang, deshalb sind die verruecktesten aller Fahrer auch die LKW und Busfahrer.

Wir fahren also von Dumai, einer haesslichen Hafenstadt in Indonesien, gleich nach unserer Ankunft weiter nach Bukittinggi. Beim Durchfahren von Dumai wird schnell klar: hier verpasst man nichts. Kurz vorher allerdings hat ein oesterreichisches Paaerchen jene Faehre verpasst, die wir erwischt haben, das werden sie uns spaeter erzaehlen. Sie haben die Faehre verpasst, weil das Wetter in Melaka furchtbar war. Uns war das egal, oder eher: wir haben das so genau nicht bedacht. Ein bisschen mulmig war mir naturgemaess schon zumute, als wir nicht so sehr in See, als vielmehr in den Monsoonregen stachen. Die See, die sogenannte Strasse von Melaka, war demnach auch mindestens so holprig wie die indonesischen Strassen es sein werden. Vorm Fenster sieht man kein Meer, sondern Nebel, und ob die Faehre, auf der wir sitzen, vertrauenswuerdig ist, wissen wir auch nicht wirklich. Fakt ist aber auch, dass nach einer guten Stunde Wellengang und Herzklopfen der Spuk zu Ende ist, wir aufs Dach der Faehre duerfen, wo wir nicht nur einen wunderbaren Blick auf die Kueste Sumatras werfen koennen, sondern noch dazu zwei eigenartige Araber treffen, die von unserem Anblick mehr als belustigt sind und Fotos von uns machen wollen. Dasselbe will dann auch noch ein Indones(i?)er, was uns klarmacht, dass nicht viele Touristen diese Route einschlagen.
Die beiden Araber aus Ghaza und Saudi Arabien sprechen kaum English und sind mir ein wenig suspekt, wenngleich sie eigentlich ganz lustig waren. Was sie auf dieser Faehre machen, weiss allerdings keiner, und sie koennen es uns auch nicht klarmachen. Vom Oel-Multi bis hin zum Terroristen koennte ihnen alles zugetraut werden.

Irgendwann, nach einer - im Nachhinein - eigentlich schoenen Fahrt, sind wir also in Dumai, wo wir ein Visum erkaufen und gleich einen Bus bekommen, eben jenen Bus, der uns zum ersten Mal vor Augen fuehrt, wie auf Sumatra auto gefahren wird.

In jeden Fall waere zu erwarten gewesen, dass Bukittinggi noch am selben Tag - die Faehre kam ca. um 13 Uhr an - erreicht werden koenne, schliesslich bloss 600 Kilometer. Fakt ist jedoch, dass wir nach 7 Stunden in Pekanbaru angekommen sind, was 200 Kilometer von Dumai entfernt ist. Trotz zahlreicher, verrueckter, Ueberholmanoever. In Pekanbaru gabs dann einige Hotels, die meisten aber waren "No Foreigner" Hotels, manche waren auch "No English" Hotels, und so brauchten wir eine ganze Weile, bis wir endlich ein Bett fuer die Nacht fanden. Mehr hatte auch Pekanbaru nicht zu bieten, auch eine haessliche Stadt, im Prinzip mitten im Jungle, neben einer Oelpipeline. Menschen und Schmutz, sonst nichts.

Am naechsten Morgen dann Weiterfahrt nach Bukittinggi. Wieder 7 Stunden, wieder kein English, dafuer ein paar Indones(i?)er im Minivan, die sich koestlich ueber uns amuesierten. Mittlerweile den Fahrstil schon gewohnt, konnte ich mich wenigstens ueber die Landschaft freuen, denn eines muss klar gesagt werden: die Schoenheit des Landes bzw. der Insel ist kaum zu ueberbieten. Durchwucherte Berge, Schluchten, Fluesse, Vulkane, alles auf kleinstem Raum, dazwischen Palmen, Reisterassen. Mitten durch diese verdschungelten, verwaldeten Berge wurschtelt sich eine Strasse, und auf dieser Strasse wurschteln sich eben Autos, und ueber das Wie der Strassen und Autos sollte man sich, wenn man Sumatra bereisen will, einfach keine Gedanken machen. Das Beste ist, man macht es den Einheimischen gleich: man verlaesst sich auf sein Glueck, man hofft und denkt: es wird schon gut gehen. Die Einheimischen fahren sowieso nach dem Motto "Augen zu und durch", weil sie dauernd und ueberall schlafen, aber als Tourist will man logischerweise auch was sehen. Und zu sehen gibts genug.
Irgendwann kommen wir in Bukittinggi an, ein nettes Bergdoerfchen auf den ersten Blick, rundherum Gebirge, zwei aktive Vulkane und ein Bergsee 44 Haarnadelkurven steil bergab eintfernt. Einen dieser Vulkane haben wir bestiegen, was uns eine der unglaublichsten Aussichten ueberhaupt geboten hat - vom Berg sieht man ueber das restliche Gebirge hinweg bis ans 150 Kilometer entfernte Meer, waehrend dahinter der Krater heisse Daempfe ausspeit. Aufstieg dauerte ca. 3 Stunden, obwohl wir 5 eingeplant hatten, weshalb wir sehr lange Pausen irgendwo im Urwald machten. Unser Guide war einfach zu schnell, und wir zu stolz, um ihm zu sagen, er solle sich zeit lassen. So sind wir mitten in der Nacht, um den Sonnenaufgang vom Gipfen zu sehen, durch das Dickicht des Waldes geklettert, was ein wenig gruselig, aber doch auch ganz lustig, war.

Oben dann, wie gesagt, unfassbare Befriedigung, Schoenheit und Freude, aber auch Angst: man muss da wieder runter. Das hat dann auch ewig gedauert, und unten waren wir ziemlich kaputt. Muskelkater und schoene Fotos sind die Langzeitfolgen dieser Tour.

Am naechsten Tag gings dann nach Maninjau zu einem Bergsee, auch ein sehenswerter Fleck, den wir auf einem Moped erkundeten, was angesichts des katastrophalen Strassenzustandes (Erdbeben 2009, Erdrutsche andauernd, O-Ton Hotelier) ein teilweise haarstrauebendes Unterfangen war. Trotzdem eine spassige Geschichte, die mehr als empfehlenswert ist, auch wenn uns nach diesem Mopedtag nicht mehr wirklich Aktivitaeten einfielen: es gibt dort einfach nichts. Ein paar schaebige Hotels, ein paar Kaffees und das wars, kein Internet, kein gar nichts.

Weil uns das ganze Sumatra trotz seiner Schoenheit und Abenteuerlichkeit aber nach dieser Woche schon etwas auf die Eier ging, beschlossen wir deshalb, nach Padang zum Flughafen zu fahren, um irgendeinen Flug nach Jakarta - oder sonstwohin auf Java - zu bekommen. Sumatra, das ist beschwerlich und grossteils unfreundlich, weil auf Sumatra die Weissen nicht gerade gern gesehene Gaeste sind, ausser sie bezahlen brav. Aber auch das brave bezahlen ist keine Garantie dafuer, dass die Leute einen nicht mehr von vornherein schief anschauen: hat man Glueck gelingts, sonst muss man mit feindseligen Blicken rechnen.

Uns wars jedenfalls Einerlei, weil wir ohnehin das Weite suchen konnten. Und wie es der Zufall so wollte, erreichten wir gestern um halb 6 abends den Flughafen Padang, und um 6 sassen wir dann im Lion-Air Flieger nach Jakarta. Lion-Air, das klingt aufs erste Hoeren vielleicht abenteuerlich, de facto aber eine sehr intakte Maschine, die uns sicher innerhalb einer Stunde nach Jakarta brachte.

Jakarta selbst ist dann wieder einmal Zivilisation, aber keine wuenschenswerte. Auch hier eher Feindseligkeiten, nur gelegentlich erfreute Blicke. Ausserdem Unmengen an Menschen und Autos, kein oeffentliches Verkehrsnetz, und das fuer 26 Millionen im Grossraum. Das heisst konkret: Schmutz, Smog, Gestank, Dreck. Sehenswert ist eigentlich nichts, oder vielleicht noch die 3. groeste Moschee der Welt, aber die ist auch nur sehenswert, weil sie riesig ist, und nicht, weil sie irgendwie schoen waere.

Im Endeffekt aber sind wir doch froh, auf Java zu sein, weils hier einiges zu sehen gibt, und weils hier sogar einen Zug gibt, mit dem man sicher und ruhig fahren kann. Keine Minibusse mehr mit Menschen, die man weder versteht, noch kennt, und keine Strassen mehr, die man selber besser haette Pflastern koennen, und keine Fahrer mehr, die bei uns im Irrenhaus sitzen wuerden. Das trifft sich gut, wenn man nur noch einen Nerv, naemlich den letzten, hat.

Gut trifft sich aber auch, dass es trotzallem ein schoenes, ein sehr differentes und sehenswertes Land ist, dieses Indonesien, und gut ist auch, dass wir bisher alles gut ueberstanden haben, was darauf schliessen laesst, dass ohnehin alles halb so schlimm ist, wie es mein Kopf mir wiedergibt. Tatsaechlich ist das Reisen hier ein wenig jenes Abenteuer, was sich der sogenannte Individualreisende erwartet, weil viel Reisende gibts hier sowieso nicht. Man muss schauen, wie man weiterkommt, zumindest bis Bali, da duerftet dann der sprichwoertliche Baer steppen, und darauf darf man sich freuen, umso mehr natuerlich, wenn man nicht einfach dahin fliegt, sondern das ganze auf Umwegen erreichen will, auf denen nicht immer als so einfach ist, wie es vielleicht sein sollte, dafuer aber alles umso verschiedener und spannender erscheint.

Fazit: Sumatra ist schoen und sehr sehenswert, aber ein zweites Mal sieht mich die Insel nicht, oder wenn in 50 Jahren, wenns dort ein Verkehrssystem gibt, und nicht nur Verkehr. Jakarta ist haesslich und sieht mich ohnehin nur, weil ich auf der Durchreise bin.

Aussichten: Yogyakarta wird spannend werden. Heute mit dem Nachtzug dorthin, das spart nicht nur Geld fuers Hotel, sondern auch Zeit, und in Yogyakarta und Umgebung gibts nicht nur Vulkane, sondern auch jede Menge Tempel und Ruinen von buddhistischen und hinduistischen Glaubenszentren zu bestaunen. Auch die Stadt selber soll sehr sehenswert sein, insofern wirds dort wohl einen laengeren Stop geben, bevors nach Bali geht.

Sonstiges: Physischer Zustand gut, psychischer Zustand ausbalanciert, obwohl gewissen Schwankungen unterlegen, weil 1. das Bier hier sauteuer ist, was einen veraergert, weil 2. der Tourist an sich Opfer des Abgezockt-Werdens ist und weil 3. das Essen nur sehr selten essbar ist. Trotzallem bin ich sehr optimistisch, weil je weiter oestlich, umso buddhistischer und hinduistischer und touristischer wird das Land, d.h. spaetestens auf Bali gibts freundliche Menschen und billiges Bier. Und wenns uns zuviel wird, hauen wir wieder ab!

Samstag, 17. Juli 2010

Singapur, Melaka und Bloedheiten, die man feststellen muss.

Einen Blogeintrag schreiben, ohne auf die vertraute, heimatliche Tastatur zurueckgreifen zu koennen, ist eigentlich schon abenteuerlich genug, sollte man meinen. Ohne die UEs und OEs, und mit einem Y da, wo eigentlich ein Z sein sollte, wird mindestens jeder zweite Satz zu einem Aergernis, das einem sagt: fass' dich kurz, du Depp! Aber das geht dann auch nicht, weil eines ist schon klar: zu schreiben gibts genug. Aber was, und vorallem: Wo anfangen?
Bei der Klage fehlender Umlaute also. Dafuer muss gleich festgestellt werden, dass sonst nicht viel fehlt, schon gar nicht in Singapoore. In Singapoore gibts alles, in Singapoore funktioniert alles. Und das teilweise besser als zuhause. Das ist nicht nur angenehm, das ist vorallem praktisch fuer den Anfaenger. Noch praktischer, dass in Singapoore eine Abart des Englischen gesprochen wird - offiziell behaupten die, es sei tatsaechlich Englisch, aber so recht glauben kann ich das nicht. In jedem Fall verstaendigt es sich ohne groessere Schwierigkeiten (ein scharfes S gibts hier aber auch nicht), es gibt vom "German Brotzeit Restaurant" bis zur "Chinese Cuisine" alles, was der so genannte Kosmopolit von einer Weltstadt erwarten kann, nur: billig ist der Spass nicht, schon gar nicht fuer einen waschechten Oesterreicher, der zum Essen ein Bier geniessen will, das kostet naemlich gleich viel wie ein ganzer Hauptgang.

Schreibt man ueber eine Grossstadt, muss man natuerlich festhalten, dass sie eine Stadt der Gegensaetze ist, eine Feststellung, die eigentlich ein Bloedsinn ist, weil sie auf so gut wie alles zutrifft, was die Bezeichnung "Stadt" auch verdient (also beispielsweise nicht Zell am See). Singapoore als Stadt der Gegensaetze ist so eine Bloedheit, die man feststellen muss, wenn sich hinter Chinatowns 4-stoeckigem, buddhistischem Tempel eine Skyline in den Himmel schraubt, die sich vor amerikanischen Gipfelstuermerstaedten alles andere als verstecken muss. Eine Stadt der Gegensaetze muss sie auch deshalb sein, weil man, waehrend man in Little India gegenueber einem hinduistischen Tempel schlaeft, morgens den Muezzin zum Gebet rufen hoert. Nichtsdestoweniger bleibt die Feststellung muessig. Interessanter ist da schon die Tatsache, dass diese beinahe futuristische Stadt auf ehemaligem Urwald gebaut ist, neben einer wunderschoenen Insel zum Baden dementsprechend einige "Stadtparks" aufweisen kann, die in Wahrheit nichts anderes sind als ebendieser Jungle. Unfassbar gruen fuer eine Fuenf- Millionenstadt ist Singapoore auch noch, grau ist sie niemals, hoechstens bunt blickend oder in versteckten Gaesschen ein wenig verdreckt.

Singapoore ist so eine Art sonniges, exotisches London, ist eine riesige, westliche orientierte Stadt, deren Erfolg und Reichtum ihren Bewohnern erlaubt, nicht im geringsten auf Touristen zu granteln, sondern im Gegenteil freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit zu sein. Wer also meint, Oesterreich oder Wien waere zu reich an Auslaender, der sollte in Singapoore eine interessante Feststellung machen, naemlich jene, dass es in Singapoore keine Auslaender gibt. Nur ein Innen und ein Aussen.

Man sagt ja, Staedte liessen sich nicht vergleichen. Wien koenne man, so diese Feststellung, nicht mit Singapoore vergleichen. Das stimmt, und doch ist es eine Bloedheit, weil man es ohnehin macht. Man braucht auch den Vergleich, und wenn der noch so hinkt. Und wenn ich jetzt die saubloede Frage stelle: Wien oder Singapoore, dann die ebenso bloede Antwort: mir waere beides recht. Das ist eben wieder eine solche Feststellung, die zwar nichts sagt, aber doch notwendig ist und gelesen werden will.

Singapoore ist insofern beinahe alles: modern, futuristisch, wunderschoen, spannend, differenziert, lebenswert. Eines aber, das ist Singapoore nicht: anders. Singapoore ist keine Stadt, die es verdient, in einen anderen Topf geworfen zu werden wie London, New York oder sonst eine der Staedte. Singapoore schliesst nicht mehr auf, Singapoore ist dabei. Das ist irgendwie aber auch schade, wenn um den halben Erdball geflogen wird um festzustellen, dass es dort zugeht wie da. Deshalb ist es nur gut, dass mit Melaka gleich klar wird, dass wir de facto nicht mehr zuhause sind.

Melaka ist wirklich anders. Dazu haben die Hollaender, die Portugiesen, die Chinesen, die Araber und natuerlich die Malays beigetragen. Von allem etwas, mittlerweile stark vermischt schlaengeln sich engste Strassen durch bunte Viertel, schlaengelt sich auch ein Fluss mitten durch die Stadt und auch so einiges Getier schlaengelt herum: vom Insekt ueber die Eidechse bis hin zur streunenden Katze ist alles vertreten.

Auch Melaka ist eine Hafenstadt, eine malaysische noch dazu, dementsprechend ist hier alles weniger geordnet, funktionierend und teuer wie in Singapoore. Trotzdem sind hier sehr viele Touristen, Backpacker und Aussteiger, und so ist Melaka ein wenig wie Zell am See: alles baut auf den Tourismus, und damit faehrt die Stadt ganz gut wie es scheint. Auch wieder ein bloeder Vergleich, aber die gehoeren eben einfach dazu.

Ein Fazit der ersten vergangenen Woche wage ich nicht, nur soviel, dass bisher alles spannend und unproblematisch war soll gesagt werden. Es ist heiss, schoen und noch sind wir koerperlich fit. Interessant wird unser naechstes Vorhaben mit der Faehre nach Indonesien zu kommen, weil Indonesien wie es scheint nicht mehr so gut funktioniert wie alles bisherige.

Man darf gespannt sein und hoffen.

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